Es ist durchaus eine Verpflichtung, wenn man die Göttin in seinen Reihen hat. „La Déesse“ – jene Ikone auf Rädern, die vor fast genau 70 Jahren die Wagen-Welt in einen Taumel versetzte, und neben der bis dahin bekannte Autos plötzlich wirkten, als seien sie mindestens von gestern. Es gilt also, nicht bloß auf der Höhe der Zeit zu sein, sondern voraus. Beim Design ebenso wie beim Antrieb.
Einst als „Distinctive Series“ bei Citroën eingeführt, hat sich die Marke DS mittlerweile der E-Mobilität verschrieben. Natürlich mit der Expertise des Stellantis-Konzerns, aber auch mit den Erfahrungen als Konstrukteur in der Formel E. Was fehlte, war ein weithin sichtbarer Beweis für dieses Bekenntnis. Der folgt nun in Gestalt des DS N°8. Für DS-Chef Xavier Peugeot Ausdruck „nachhaltiger und dennoch kompromisslos komfortabler Mobilität ganz im Stil der französischen Kunst des Reisens“.

Und so kommt der DS N°8 dem historischen Vorbild sehr nahe. Kein bisschen optisch – ganz sicher aber vom Anspruch. Edles auf knapp fünf mal zwei Metern darf man durchaus Flaggschiff nennen. Und ein kühnes Projekt obendrein. Ganz besonders im Premium-Segment weht schließlich ein rauer Wind. Auch wenn man bei DS großen Wert darauf legt, profitabel zu sein.
Mehr noch indes zählt für die Marke gehobene Lebensart. Und so thront man schallgedämmt in belüfteten und massierenden Sitzen samt Nacken-Föhn – ahnend, dass es in diesem Fall wohl „wie Göttin in Frankreich“ heißen muss. Und weil ja gerne in zweiter Reihe sitzt, wer sich in der ersten wähnt, hat’s dank 2,90 Metern Radstand auch im Fond reichlich Raum. Zwar stehen die Füße wegen der üppigen Batterie im Untergrund nicht ganz so tief wie gewohnt – dennoch lässt sich genießen, was DS unter Premium versteht: nicht vorrangig Tempo und Funktionalität, sondern gepflegtes Fortkommen mit viel Liebe zum Detail und jeder Menge französischer Finesse.

Die reicht von kunstvoll graviertem Metall über Perlenstickerei, Guillochen und plissierte Bespannung bis zum aus einem Stück aufwändig gefältelten Lederbezug im Uhrenband-Design. Mögen andere alte Fischernetze recyceln oder zu Synthetik greifen – bei DS hat Nappa noch eine Heimstatt. Die Häute übrigens stammen gerne von bayerischen Kühen. Makellos, weil es hoch oben auf der Alm weder Zäune noch Stechmücken gibt. Auf den ersten Blick alles bloß Kleinigkeiten, doch wo das Luxus-Segment stärker wächst als der Gesamtmarkt, ist das Besondere womöglich eine kluge Strategie.
Rund um den Kommandostand indes drängt sich Form auch mal vor Funktion. Die Spiegel-Verstellung versteckt sich links am Armaturenbrett, das doppelt abgeflachte Lenkrad erschließt sich eher dem Designer als der Fahrerin, und beim Griff zur Tür gleitet die Hand intuitiv eben nicht hinter die wuchtige Lautsprecherblende. Bei aller Ehrfurcht vor dem handwerklichen Geschick beim Interieur bleibt der Grat zwischen Opulenz und Overkill ein schmaler.
Drei Leistungsstärken, zwei Akku-Größen, ein Flaggschiff
So eindeutig der Antrieb, so vielfältig dennoch das Angebot mit drei Leistungsstärken und zwei Akku-Größen. Das Basismodell mit Frontantrieb bietet 169 kW (230 PS) und einen Stromspeicher mit 73,7 kWh netto, der 550 Kilometer Radius erlaubt. Mittig im Angebot rangiert die Version mit 180 kW (245 PS) und großem Batteriepaket (97,2 kWh netto), die auf eine WLTP-Reichweite von stolzen 750 Kilometern kommt. Selbst bei konstanter Geschwindigkeit von 120 km/h auf der Autobahn verheißt DS mehr als 500 Kilometer bis zur nächsten Steckdose. Und in der Tat bewegt sich der versprochene Verbrauch während der Testfahrten einigermaßen im offiziellen Rahmen. Die Topversion mit 257 kW (350 PS) kombiniert Long-Range-Akku und Allradantrieb kommt mit 660 Kilometern aber nicht ganz so weit.

Das größere Batteriepaket (Option für die Basisversion) stellt kurzzeitig eine bis zu 26 kW erhöhte Leistung zur Verfügung. Bei den Varianten mit Frontantrieb leuchtet dann nach knapp unter acht Sekunden die dritte Tacho-Stelle, das Topmodell schafft den Standard-Spurt in 5,4 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit ist generell auf Tempo 190 begrenzt. Dynamik kostet Distanz, lautet schließlich Buch eins der Batterie-Bibel.

Ganz zum Anspruch entspannter Eleganz passt das Fahrwerk, dessen vorrangige Aufgabe Komfort lautet – trotz der bis zu 21 Zoll großen Walzen. Serienmäßig hilft eine Kamera, der Straße Ungemach zu erfassen und jedes Rad gezielt zu dämpfen. Wer’s nicht ganz so sänftig schätzt, sollte die Wahltaste besser auf Stellung „Sport“ arretieren. Dann zieht der DS N°8 zielsicher seine Bahn und drängt selbst in schnellem Geschlängel erst spät Richtung Tangente. Immerhin sind rund 2,2 Tonnen in Bewegung. Auch wenn Kurvenraub nicht die Kernkompetenz eines SUV-Coupés ist: Sportlich am druckvollsten agiert natürlich das Top-Modell – einmal wegen der Leistung, aber eben auch wegen des Allradantriebs, der beim beherzten Tritt ausgangs des Zenits kaum Leistung dem Schlupf überlässt.
Elektroauto laden mit französischer Gelassenheit
Ob auf den Spuren der Formel E oder mit der Gelassenheit eines französischen Weinbauern – irgendwann hat man selbst den größten Akku geleert. Von 20 auf 80 Prozent Kapazität vergehen an der 11-kW-Wallbox vier und dreiviertel Stunden für das Basismodell, die Long-Range-Versionen zapfen gute sechs. Bei 160 kW Gleichstrom am Supercharger ist das Ganze in 31 beziehungsweise 27 Minuten erledigt. Die vielleicht wichtigere Kennzahl: In zehn Minuten zieht der DS N°8 Strom für 200 Kilometer.
Einer, der sich um das Thema Laden ganz sicher keine Sorgen machen muss, ist Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron. Eine besondere Version namens DS N°8 Présidentielle wartet im Élysée-Palast als Staatslimousine. Außen wie innen in speziellem Blau, mit goldbraunen Interieur-Elementen aus geschnittenem und geglättetem Stroh – und selbstverständlich einem Faltdach für die ganz große Parade.

Für alle anderen hat der Pariser Chic wie immer seinen Preis. Die Türen zum DS N°8 öffnen sich ab 57.700 Euro, mit großem Akku kann man ab 63.200 Euro unterwegs sein, und für das Allrad-Modell ruft DS ab 75.000 Euro auf. Das ist nicht wenig Geld, allerdings ist in Sachen Assistenz an Bord, was der Konzern hergibt – und man muss man sich nicht sorgen, an jeder zweiten Kreuzung seinesgleichen zu begegnen.