Jaguar Land Rover plant massiven Ausbau der Elektromobilität

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Jaguar Land Rover

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 6 min

Mit der neuen globalen Strategie „Reimagine“ will sich Jaguar Land Rover neu aufstellen. Thierry Bolloré, CEO des größten britischen Autoherstellers, stellte ein umfassendes Programm vor, das modernen Luxus, unverwechselbares Design sowie die Elektrifizierung als Kernpunkte beinhaltet. Ein Teil des Vorhabens ist, dass Jaguar bis 2025 zu einer vollelektrischen Luxusmarke werden soll. Damit will sich Jaguar Land Rover für eine nachhaltige Zukunft rüsten und sich weltweit noch stärker als agiler und flexibler Anbieter von begehrten Luxusautomobilen und außergewöhnlichen Dienstleistungen für besonders anspruchsvolle Kunden positionieren, so der Hersteller in einer aktuellen Mitteilung. Mit der „Reimagine“-Strategie will Jaguar Land Rover ferner neue Maßstäbe für ein Luxusunternehmen im Hinblick auf die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft setzen.

„Jaguar Land Rover ist einzigartig in der globalen Autoindustrie: Hier treffen Designer unvergleichlicher Modelle mit einem hohen Verständnis für die künftigen Luxuserwartungen der Kunden auf starke emotionale Markenwerte, einen Geist von Britishness und in der gesamten Tata Gruppe auf direkten Zugang zu Global Playern bei Technologie und Nachhaltigkeit. Wir nutzen diese Voraussetzungen jetzt, um unser Geschäft, die beiden Marken und das Kundenerlebnis von morgen neu zu definieren. Die Reimagine-Strategie ermöglicht uns wie nie zuvor, unsere Einzigartigkeit herauszustreichen und zu stärken. Gemeinsam können wir eine noch nachhaltigere und positivere Wirkung auf die Welt um uns herum erzielen.“- Thierry Booloré, CEO Jaguar Land Rover

Den Kern der „Reimagine“-Strategie bildet die konsequente Elektrifizierung der beiden Marken Jaguar und Land Rover – auf separaten Architekturen sowie mit eigenständigen, klar differenzierten Persönlichkeiten.

Die Geländewagen- und SUV-Marke Land Rover soll in den kommenden fünf Jahren Zuwachs durch insgesamt sechs rein elektrisch angetriebene Modelle erhalten. Damit will Land Rover seine Position untermauern als einer der weltweit führenden Anbieter hochwertiger und luxuriöser SUVs und Geländewagen – mit den drei Modellfamilien Range Rover, Discovery und Defender. Die erste vollelektrische Variante soll 2024 auf dem Markt erscheinen.

Jaguar wiederum soll bis zur Mitte des Jahrzehnts eine Renaissance erleben: als rein elektrische Luxusmarke mit einem begeisternden neuen Portfolio, das emotional ansprechendes Design und fortschrittliche Technologien vereinen soll, wie der Hersteller mitteilt. Zum neuen Angebot kann auch ein Modell mit dem Namen Jaguar XJ gehören – das aktuell geplante XJ Nachfolgemodell gehört allerdings nicht zu dieser Riege.

Bis 2030 plant Jaguar Land Rover, bei seinen beiden Marken jede Baureihe mit vollelektrischen Antrieben anzubieten. Dann sollen 100 Prozent der Jaguar Verkäufe und 60 Prozent des Land Rover Absatzes auf rein elektrisch angetriebene Modelle ohne Auspuffemissionen entfallen.

CO2-neutral bis 2039

Darüber hinaus strebt das Unternehmen an, bis 2039 in seinen Produkten und Standorten sowie in der Lieferkette komplett ohne Kohlendioxidemissionen auszukommen. Teil dieses Plans seien auch Brennstoffzellenantriebe mit sauberem Wasserstoff. Hier laufen die Entwicklungen bereits, gestützt von einem langfristig angelegten Investitionsprogramm – innerhalb der kommenden zwölf Monate werden erste Prototypen mit Brennstoffzelle zur Erprobung auf britischen Straßen rollen.

Für den Erfolg der „Reimagine“-Strategie spielt der Faktor Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle: Jaguar Land Rover will im Luxussegment neue Maßstäbe im Hinblick auf Ökologie und gesellschaftliche Verantwortung setzen. Ein neu gegründetes Kernteam in der Unternehmenszentrale soll bahnbrechende Innovationen entwickeln und implementieren: zum Beispiel in den Feldern Materialwirtschaft, Technologien, Produktion, Service und Kreislaufwirtschaft.

Rund 2,5 Milliarden Pfund Sterling (zirka 2,8 Milliarden Euro) will Jaguar Land Rover jährlich in Elektrifizierung und die Entwicklung vernetzter Dienste investieren, wozu auch datenzentrierte Technologien zur Optimierung der Fahrzeugnutzung zählen. Weiterhin will das Unternehmen innovative Geschäftsmodelle ausweiten. So finde etwa das Abonnementmodell Pivotal in Großbritannien großen Anklang: Im Geschäftsjahr verzeichnet es Zuwächse von 750 Prozent. Pivotal wurde gemeinsam mit InMotion entwickelt, dem Tochterunternehmen und Investor-Arm von Jaguar Land Rover – jetzt soll auch auf Märkten außerhalb des Vereinigten Königreichs die Einführung von Pivotal folgen.

Qualitätsanspruch und Effizienzsteigerung

Mit „Reimagine“ will sich Jaguar Land Rover neu aufstellen, neu organisieren und neu ausrichten. Damit will das Unternehmen in Bezug auf Qualität und Effizienz zur neuen Richtgröße im Luxussektor werden. Im Zentrum dieser Strategie steht die Etablierung neuer, klar abgegrenzter Architekturen, die die eigenständigen Charaktere der beiden Marken unterstreichen und festigen sollen.

Dabei werde Land Rover für die künftige Entwicklung seiner Modelle die neue flexible modulare Längsarchitektur (MLA – Modular Longitudinal Architecture) einsetzen. Sie ermöglicht die Kombination sowohl mit elektrifizierten Verbrennungsmotoren als auch mit vollelektrischen Antrieben. Die modulare elektrische Architektur EMA (Electric Modular Architecture) erlaubt daneben gleichfalls die Nutzung mit der Kombination Elektro- und Verbrennungsmotor. Künftige Jaguar Modelle sollen ausschließlich die Elektroarchitektur EMA nutzen.

„Reimagine“ soll weiterhin der Übersichtlichkeit und Vereinfachung dienen. Die Zahl der Plattformen und Modelle, die in den einzelnen Werken vom Band laufen, wird konsolidiert. Damit wollen die Briten im Luxussegment neue Standards im Hinblick auf Effizienz, Skalierbarkeit und Qualität etablieren. Dieser Ansatz soll dazu beitragen, die Beschaffung zu rationalisieren und Investitionen in lokale Lieferketten zu beschleunigen.

Aufseiten der Produktion bedeutet dies, dass sämtliche Werke in Großbritannien und weltweit erhalten bleiben. Das Werk Solihull in den West Midlands soll dabei nicht nur die Heimat der MLA-Architektur sein, sondern auch der fortschrittlichen rein elektrischen Jaguar Plattform. Bei der Neudefinition des modernen Luxus spielen für Jaguar Land Rover auch wichtige Partner eine entscheidende Rolle – etwa Gewerkschaften, Autohandel und Zulieferer. Ihre Bedeutung soll im Ökosystem des Unternehmens weiter zunehmen.

„Refocus“ soll Agilität des Unternehmens erhöhen

Wie die jüngsten Finanzergebnisse belegen, verfügt Jaguar Land Rover über ein solides Fundament, um sein Geschäft nachhaltig und robust für Kunden, Partner, Mitarbeiter, Aktionäre und Umwelt zu gestalten. Antriebsfeder dieser Transformation ist das kürzlich angelaufene „Refocus“-Programm. Es besteht zum einen aus neuen, funktionsübergreifenden Aktivitäten, zum anderen aus Initiativen wie „Charge+“, die bis Ende 2021 Einsparungen in Höhe von 6 Milliarden Pfund Sterling (rund 6,8 Milliarden Euro) generieren soll.

Zur „Reimagine“-Strategie gehört auch, das Unternehmen agiler zu machen. Flachere Strukturen sollen die Mitarbeiter befähigen, schneller und zielorientierter zu arbeiten und zu entscheiden. Um diesen Prozess zu beschleunigen, will Jaguar Land Rover seine Infrastruktur in Großbritannien abseits der Produktion erheblich rationalisieren. Das Technologie- und Entwicklungszentrum in Gaydon wird dabei zum neuen Headquarter. Dort werden der Vorstand und andere wichtige Managementfunktionen zusammengeführt, um eine reibungslose Zusammenarbeit und agile Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

An die Spitze mit der Tata Gruppe

Damit die Vision einer modernen Luxus-Mobilität Realität werden kann, plant Jaguar Land Rover eine noch intensivere Zusammenarbeit und einen vertieften Wissenstransfer mit Unternehmen der Tata Gruppe, der Muttergesellschaft des Autoherstellers. Ziel sei es, noch stärker auf Nachhaltigkeit und Emissionssenkung zu setzen – und das Best-Practice-Prinzip bei Zukunftstechnologien, Daten- und Software-Entwicklung zu nutzen. Jaguar Land Rover ist seit 2008 eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Tata Motors, an der Tata Sons der größte Anteilseigner ist.

„Innerhalb unseres Unternehmens besitzen wir alle Erfolgsvoraussetzungen: Das ist eine einmalige Gelegenheit. Andere müssen sich auf externe Partnerschaften oder Kompromisse verlassen. Wir dagegen besitzen einen direkten Zugang, der es uns erlaubt, schnell und mit Selbstvertrauen die Zukunft anzugehen.“ – Thierry Bolloré, CEO Jaguar Land Rover

Vor diesem Hintergrund sieht sich Jaguar Land Rover auf dem Weg, eine zweistellige EBIT-Marge und einen positiven Cashflow zu erreichen – bis 2025 strebt das Unternehmen positive Werte bei den Nettoverbindlichkeiten an. Langfristig will Jaguar Land Rover einer der profitabelsten Luxusanbieter weltweit werden.

Quelle: Jaguar Land Rover – Pressemitteilung vom 15.02.2021

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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MotorScotti:

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es packen werden. Jaguar und Land Rover haben beide eine so starke Geschichte und Markenwerte, für die es sich selbst ohne Tata gut Investoren finden lassen würde. Schade nur, dass der geplante XJ so kurz vor der Vermarktung doch nicht kommt. Vermutlich wollen Sie nun einen sauberen Strich ziehen und auf den neuen Plattformen ihre Modellpalette aufbauen.

Tobi:

Im Spiegel heisst es dazu:
Jaguar baut ab 2025 nur noch Elektroautos Die britische Automarke Jaguar verabschiedet sich komplett vom Verbrennungsmotor

Ich mag Manager die managen und nicht wie Politiker um den heissen brei reden. Dass es bei Landrover etwas länger geht ist bedauerlich, aber absolut verständlich. Hut ab vor diesem Fahrplan. Ob sie es packen, wird sich zeigen. Wenn nicht, dann wird die Marke Jaguar Geschichte sein. Bin gespannt, wann mal ein Deutscher Hersteller eine klare Ansage macht…. wahrscheinlich nie.

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