„Es geht nicht darum, dass ein E-Auto gar nicht laden kann“

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Es ist ein hochbrisantes Thema, schon seit Monaten: Verteilnetzbetreibern soll es künftig erlaubt sein, in den Strombezug von E-Autos und Wärmepumpen bei einer drohenden Überlastung des Netzes eingreifen zu dürfen. Zu Übertreibungen neigende Zeitgenossen warnen deshalb vor leeren E-Auto-Akkus und eiskalten Wohnungen, obwohl schon unzählige Male klargestellt wurde, dass die Eingriffe nur im Notfall stattfinden sollen und wenn dann auch nur für kurze Zeit. Mit bidirektionalen Ladetechnologien sind E-Autos perspektivisch sogar dazu in der Lage, das Stromnetz zu stabilieren.

In einem aktuellen Interview mit dem Manager Magazin erklärt Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, wie es um die Regelung steht, mit der der gesetzliche Rahmen für Eingriffe seitens der Netzbetreiber ab 1. Januar 2024 abgesteckt werden soll. Demnach wertet die Bundesnetzagentur aktuell die Kommentare aus, welche die beteiligten Marktakteure auf den Regulierungsvorschlag von 2022 zurückgespielt haben. Noch vor der Sommerpause soll dann ein ausgearbeiteter Vorschlag veröffentlicht werden, der im Optimalfall im Herbst endgültig abgesegnet wird.

Das Ziel der Regelung sei klar: „Wir wollen den Anschluss von Wallboxen für E-Autos und Wärmepumpen ermöglichen“, sagt Müller. „Neue Anlagen müssen angeschlossen werden“, Netzbetreibern soll es untersagt werden, dies „mit Hinweis auf Netzprobleme“ zu verweigern. Müller stellt eine Regulierung in Aussicht, „die ganz klar das Ziel hat, die ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung zu verwirklichen“ – zu denen auch die private Wärme- und Antriebswende gehört.

Allerdings müsse in der Regelung auch berücksichtigt werden, „dass die örtlichen Netze nicht überall so ausgebaut sind, dass sie eine hohe Gleichzeitigkeit der Nutzung ermöglichen“, sagt Müller. Es gelte, örtlichen „Netzüberlastungen vorzubeugen“, wenn „alle nach Hause kommen und nach der Arbeit ihr E-Auto aufladen wollen“. Das schwierige dabei sei, dass nicht absehbar ist, ob und wie stark „das in Zukunft zum Problem wird“, etwa wegen der zunehmenden Verbreitung von Homeoffice. „Wir wissen also gar nicht, wie oft und wann die Menschen ihre E-Autos tatsächlich laden wollen“, so der Chef der Bundesnetzagentur.

Die Regulierung allerdings müsse „alle Eventualitäten vorbereitet sein“ und daher sollten Netzbetreiber „die Möglichkeit erhalten, den Verbrauch der Stromkunden zu dimmen“. Dies soll aber nur dann auch erlaubt sein, „wenn nachweisbar die Stabilität des jeweiligen Netzbereichs in Gefahr ist“. Es gehe „ausdrücklich nicht darum, dass ein E-Auto gar nicht laden kann“, sondern lediglich darum, dass der Akku dann etwas langsamer lädt. Wer Abends um 18 Uhr nach Hause kommt und am nächsten Tag um 8 Uhr wieder ins Auto steigt, hat ohnehin 14 Stunden Zeit zum Laden. Der Ladevorgang kann ohne weiteres auch in die Nachtstunden verlegt werden. Einen leeren E-Auto-Akku muss also wirklich niemand fürchten.

Netzdienliches Laden, wie Fachleute es nennen, soll sogar finanziell belohnt werden, wie Müller in Aussicht stellt: „Im Gegenzug erhalten die Stromkunden eine Ermäßigung bei den Netzentgelten“, stehe im Regulierungsvorschlag. Gleichzeitig sollen die Netzbetreiber in die Pflicht genommen werden, „jene Netze, in denen es zu Problemen kommt, unverzüglich auszubauen“. Müller verweist darauf, „einen verbraucherfreundlichen Vorschlag zur Diskussion“ gestellt zu haben. Der Vorschlag beschränke mögliche Einschränkungen „auf das absolut Notwendige, um Netzprobleme zu verhindern. Das dürfte in unser aller Interesse sein“, so Müller.

Quelle: Manager Magazin – „Ein E-Auto-Fahrer kann den Akku etwas langsamer laden“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Charly:

https://www.store-charge.com/blog/der-oekologische-rucksack-des-diesels

Laut diesem Artikel benötigt man für die Herstellung von 6l Diesel sogar 42 kWh an Strom

Roland:

Das ist absoluter Blödsinn. Niemand muss in der „Dunkelphase“ von der Sie hier faseln irgendetwas ausschalten. Im übrigen gibt es keine solche Phase von November bis März. Das zeigt, dass Sie null Ahnung von der Materie haben und hier einfach nur dummes Geschwätz verbreiten.

Hans:

Bei unserem Netzbetreiber ist ab einer bestimmten Einstellhallengrösse ein Last- und Lademanagement vorgeschrieben. In den nächsten Jahren werden wahrscheinlich viele Elektroauto-Fahrer irgendwann updaten müssen. Aber ist ja nicht so, dass das von heute auf morgen nötig ist.
Nach der Diskussion um Stromknappheit (welche in den nächsten Jahren wohl noch intensiver geführt wird, gerechtfertigt oder nicht) muss sich halt jeder selbst entscheiden, ob er bei der Wallbox sparen will und dafür dass Risiko eingeht, dass ihm der Strom (inkl. Haushalt, wenn am selben Anschluss) ganz abgestellt wird oder ob er eine smarte Wallbox kaufen will, welche sich zur Stabilisation des Anschlusses regulieren lässt. Je nach Entwicklung hat beides seine Vor- und Nachteile.

Daniel W.:

Ohne einen kräftigen Ausbau der Windkraftanlagen und der Netze wird es ohnehin nicht gehen, da gerade im Winter E-Autos und Wärmepumpen besonders viel Strom brauchen, aber Windkraftausbau wurde ja lobbygesteuert auf politischer Ebene massiv behindert.

Jetzt haben wir das Problem, dass vermehrt Kohle- und Gaskraftwerke den Strom für die Energie- und Verkehrswende erzeugen müssen, weil es viel zu wenig Ökostrom gibt, was nicht nur sehr klimaschädlich ist, sondern auch noch besonders teuer für die Bürger.

Aber Atomstrom ist keine Alternative, wir hätten auch nie damit anfangen sollen, denn jetzt haben wir für zehntausende Generationen den Atommüll vor unser Haustüre liegen.

Der Strombedarf für E-Autos ist nur etwa halb so groß wie deren Verbrauch, da für die Herstellung von Benzin und Diesel in den Raffinerien jeder Menge Strom gebraucht wird, z.B. für 6 Liter Benzin oder Diesel werden rund 9 kWh an Strom benötigt.

Kurz gesagt – die Politik soll endlich ihre Hausaufgaben machen, dann ist Strom kein Problem.

M. S.:

…und daher sollten Netzbetreiber „die Möglichkeit erhalten, den Verbrauch der Stromkunden zu dimmen“…

Keine der zahlreichen Wallboxen, die ich kenne (inkl. meiner eigenen) lässt sich ferngesteuert dimmen. Bei vielen Leuten laufen sie nicht einmal in einem Systemverbund.
Unsere Wärmepumpe und die Speicherheizungen/Durchlauferhitzer von Bekannten kann der Stromversorger zwar per Rundsteuergerät ab-/anschalten, aber nicht dimmen.
Solange es keine entsprechenden Regelungen gibt und natürlich die technischen Voraussetzungen, betrachte ich solche Äußerungen als Unsinn.
Wenn etwas anderes als hartes Abschalten der Verbraucher kommen soll, müssen alle Bestandskunden zwingend um-/aufrüsten (Wallboxen, Wärmepumpen, Speicherheizungen, Durchlauferhitzer…?).
Wie soll das funktionieren und wer bezahlt das?

Hoffmann:

Interessant ist doch nicht das kurzzeitige -Dimmen-; sondern das “kurzzeitige Dimmen von November bis März(Dunkelflaute)…..wenn alle Wärmepumpen laufen und Autos vom Netz geladen werden…..dann ist das wohl mehr als eine Akzeptale Einschränkung

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