Norwegen: E-Autos überholen im Bestand die Benziner

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 3 min

Norwegen gilt als Vorzeigenation für das entschlossene Durchsetzen einer Elektrifizierung des individuellen Verkehrs. Wie die offiziellen Zulassungszahlen des skandinavischen Landes zeigen, sind im abgelaufenen Jahr 2024 schon 89 Prozent aller neu zugelassenen Autos vollelektrisch unterwegs. Und auch beim Fahrzeugbestand gab es eine Verschiebung, berichtet die Tagesschau: Erstmals fahren nun in Norwegen mehr Elektroautos umher als Autos mit Benzinmotor.

Der Anteil der Neuzulassungen ist somit noch einmal um 6,5 Prozentpunkte im Vergleich zu 2023 angestiegen. Schon in diesem Jahr sollen im Land ausschließlich Elektroautos neu zugelassen werden. “Norwegen wird das erste Land der Welt sein, das Diesel- und Benzinfahrzeuge so ziemlich vom Neuwagenmarkt nimmt”, sagte Christina Bu, Chefin des norwegischen Elektroauto-Verbandes laut Tagesschau-Bericht.

In anderen Ländern sehe man indes häufig, “dass Steuervergünstigungen zuerst beschlossen und dann wieder zurückgenommen” würden, führt Bu aus. Vize-Verkehrsministerin Cecilie Knibe Kroglund gab anderen Nationen zudem noch einen Rat mit auf den Weg, der auch in Deutschland den Finger in eine Wunde legt: “Das ist die wichtige Lektion: Stelle ein großes Paket an Anreizen zusammen und mache es langfristig vorhersehbar.”

Ohne Lobby hat die Politik es leicht

Die Politik in Norwegen hat es allerdings auch deutlich leichter, den Automobilmarkt zu lenken, als das beispielsweise vor allem in Deutschland der Fall ist. Mangels eigenen Automobilherstellern gibt es bei den Skandinaviern schlichtweg keine entsprechende Lobby, die politische Entscheidungen zu Ungunsten von Verbrennungsmotoren anfechten könnte. Und so stellt die Tagesschau fest, dass das Verbrenneraus in Norwegen, das nicht zur EU gehört, vergleichsweise geräuschfrei vonstatten geht, während sich in der EU heftig gegen das vorgesehene Ende von nicht-emissionsfreien Neuzulassungen ab 2035 gewehrt wird.

Zwar ist auch in Norwegen längst noch nicht jeder so weit, auf ein Elektroauto umzusteigen. Doch durch die seit Jahren enorm hohe Dichte an neuen Elektroautos wächst auch der Gebrauchtwagenmarkt dafür in Norwegen weit überdurchschnittlich, sodass schneller breitere Teile der Bevölkerung auf dem Weg mitgenommen werden können. Im Bestand haben E-Autos die Benziner inzwischen überholt, die größte Gruppe auf den Straßen machen aktuell aber noch Dieselautos aus. Doch damit dürfte bald Schluss sein. Und auch die Ladeinfrastruktur wächst stetig weiter, in etwa drei Jahren könnte es im ganzen Land mehr öffentliche Ladepunkte als Zapfsäulen für Benzin und Diesel geben.

Verbrenner vor allem für die Touristen

Viele der im vergangenen Jahr in Norwegen noch zugelassenen Verbrenner gingen übrigens an Mietwagenfirmen. Der einfache Grund: Die häufig aus der EU anreisenden Touristen sind mit Elektroautos oft noch nicht vertraut, deshalb bekommen sie die gewohnte, aber in Norwegen eigentlich bereits überholte Technologie vorgesetzt.

Electrive hat zudem aus den behördlichen Zahlenwerken die zehn 2024 am häufigsten in Norwegen zugelassenen Autos herausgesucht, wobei die ersten Acht sowie Rang zehn vollelektrisch und Platz neun zumindest ein Hybrid ist. Dies waren:

  1. Tesla Model Y (16.858)
  2. Tesla Model 3 (7264)
  3. Volvo EX30 (7229)
  4. VW ID.4 (7222)
  5. Toyota bZ4X (6007)
  6. Skoda Enyaq (4610)
  7. Nissan Ariya (3772)
  8. VW ID.3 (3637)
  9. Toyota Yaris (3523)
  10. Audi Q4 e-tron (3449)

Quelle: Tagesschau – Neun von zehn Neuwagen in Norwegen sind E-Autos / Electrive – Norwegen erreicht 89 Prozent Elektroauto-Anteil in 2024

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Wolfbrecht Gösebert:

“Mich bringen diese seit Jahren häufigen Artikel über das elektrifizierte Norwegen zum Schmunzeln.”

… und die Tankstellen-Pächter dort neigen bald zum “Verzweifeln” :P
Sind doch seit Jahreswechsel dort schon MEHR eAutos im BESTAND als Benzin-Verbrenner! Ja, im BESTAND!

Der Treibstoff-Verkauf sinkt entsprechend. Und da die allermeisten Norweger auch über eigene Grundstücke und sogar zusätzliche Ferien-Häuschen verfügen, wird der größere Teil des des Lade-Stroms auch zum günstigem Haushalts-Tarif bezogen … in reinen Ballungszentren sind es statt eigener Grundstücke zwar anteilig mehr Mietwohnungen aber dennoch eine (schon witterungsbedingt!) vergleichsweise sehr hohe Anzahl an Tiefgaragen-Plätzen mit entsprechender Lademöglichkeit!

Talis:

Ich finde, es hängt sehr stark von den individuellen Anforderungen ab. Ein generelles “besser” gibt es weder in die eine noch in die andere Richtung. Praktischerweise haben wir mittlerweile eine beträchtliche Auswahl, so dass jede(r) nach eigenem Gusto glücklich sein kann. :-)

Talis:

Ironischerweise hat selbst in Norwegen der VW-Konzern in 2024 den größten Marktanteil:
VW-Konzern: 27.921
Tesla: 24.219

Quellen:
https://eu-evs.com/groupCharts/VW%20GROUP/NO/Volumes-Yearly
https://eu-evs.com/groupCharts/TESLA/NO/Volumes-Yearly

Talis:

Ironischerweise hat selbst in Norwegen der VW-Konzern in 2024 mehr Fahrzeuge verkauft als Tesla:
VW-Konzern: 27.921
Tesla: 24.219

Quellen:
https://eu-evs.com/groupCharts/VW%20GROUP/NO/Volumes-Yearly
https://eu-evs.com/groupCharts/TESLA/NO/Volumes-Yearly

MEi-sen:

Selbst bei der “Akkuproduktion” würde ich ein “?” setzen. Die Akkus halten lange, sehr lange, weit über 1 Mio. km, drei Verbrennerautoleben lang oder länger. Somit dürfte der Akku nur zu einem drittel angesetzt werden, weil er in der Regel ein zweites oder drittes Leben haben wird. Somit kommt sogar ein E-Auto bei der Herstellung mit jedem Verbrenner mit.

pani:

“Gut”? Alex Bloch von AMS hat vor einem Jahr formuliert “Tesla baut gute E-Autos, aber keine guten Autos” – ich muss das nicht weiter ausführen. Die Bestätigung dieser Meinung liefern Hunderte ehrlicher Teslafahrer in den Sozialen Medien.
“Günstig” – vordergründig stimmt das vielleicht. Lange konnte man mit Teslas gute Geschäfte machen und die Autos wurden meist nicht lange gefahren. Aber das hat sich m.E. gründlich geändert. ICH glaube, dass der Kauf eines Tesla ein Fehler ist, weil man die Kisten ‘in Richtung’ ablaufender Akkugarantie nur noch mit großen Einbußen verkaufen kann. Die Leasingraten für Teslas sind geradezu abartig hoch.
“Ihre Bedürfnisse bedienen” – auch richtig. Aber die können, s.o., an den vielen unfassbaren Macken gemessen, nicht sehr hoch sein. Kein Tacho, kein HUD, Blinker an gefährlicher Stelle und damit programmierten Unfällen, lange Zeit oder bis heute (?) nicht funktionierende Scheibenwischer, zu häufig ausfallende und damit im Grunde genommen unbrauchbare Assistenzsysteme, die man aber auch bezahlen muss, keine saubere Verkehrszeichenerkennung und damit einhergehendem Abbremsen und selbstständiger Beschleunigung, nicht funktionierende Parksensoren, die vermutlich häufig für die vielen dunklen Striche an den Wänden unserer Parkhäuser versntwortlich sind, Innenräume, die steriler sind als jeder Operationssaal, Autos, die vor Einführung des Model 3 Upgrades geritten werden mussten, während alle anderen EV gefahren werden u.v.a.
Tesla? Nö. Allemal unsere deutschen Autobauer bauen inzwischen bessere BEV als Tesla.

Willmark:

Ja, ich denke auch, dass der neue Karoq von Skoda und der ID2 von VW ein “game changer” werden könnte…und zwar in vielen europäischen Ländern.

Willmark:

Das mit der “nationalen Brille” in Hinsicht auf Autokauf ist sicherlich richtig. Die Norweger wählen ihre Automarke ziemlich “frei”….. aber vielleicht doch nicht ganz ?….ich habe folgendes beobachtet: Sie haben noch eine Vorliebe für Volvo. In “früheren” Jahren war Volvo sehr dominierend, bevor Mercedes, BMW und Audi starlk im kommen waren. 2024 sind diese 3 deutschen Premium-Hersteller etwas zurückgefallen, was vor allem daran liegt, dass deren Preise vorwiegend über 50 000 EUR liegen und nur e-Autos unter dieser Grenze komplett steuerfrei sind. Tesla hat ja 2024 seine Preise mehrmals drastisch gesenkt, und nicht zuletzt deswegen den grössten Marktanteil aufzuweisen. Weiterhin, hat Toyota in Norwegen einen grossen “treuen” Kundenstamm aufgebaut, wovon sie auch bei e-autos profitieren Die mehr “untreuen” e-Auto Käufer wählen zunehmend mehr chinesische e-Autos.

Willmark:

Bisher ist in Norwegen noch kein (deutlicher) Schwund an Tankstellen bemerkbar. Man könnte dies vielleicht erwarten, denn E-autos haben bereits mehr als 25% Anteil am Bestand. Wie Peter hier kommentiert, statten viele Tankstellen sich mit Ladestationen aus – vor allem diejenigen, die auch Imbiss und Einkaufmöglichkeiten anbieten. Viele Tankstellen haben zudem Autowaschanlagen. D.h. , die Tankstellen machen sich mehr und mehr vom Benzinverkauf unabhängig.

pani:

Ich denke, unser Problem v.a. in D spricht die norwegische Vize-Verkehrsministerin mit diesem Satz an: “Das ist die wichtige Lektion: Stelle ein großes Paket an Anreizen zusammen und mache es langfristig vorhersehbar.“ Sehr simpel und dennoch sehr klug und eigentlich naheliegend.
Wir sind zu großen Teilen sicher ebenso klug wie viele Bewohner von Norwegen, Schweden, DK, NL oder Malta. Dennoch unsere ‘überproportionale’ Zurückhaltung beim Kauf von BEV. Warum?
Unsere Politiker, Autobauer und unsere Stromfuzzis haben ja wohl alles getan, viele Umsteigewillige zögern zu lassen. Betrug an Tausenden von Leuten in Sachen abrupter BAFA Streichung, die ihr E-Auto nicht mehr bis Ende 23 haben zulassen können, Ladesäulen/Ladekarten/App – Bezahlchaos, unverschämt hohe Strompreise an öffentlichen Ladesäulen, Autobauer, die jahrelang geschlafen haben bzw. nicht von ihrem hohen Ross heruntersteigen mussten, weil sie sich mit dicken Autos eine goldene Nase verdient haben, indem sie die bis zu 9.000 € Umweltprämien voll eingepreist haben. Und was macht der kluge Deutsche, wenn auch Herr Söder jetzt wieder von neuer, wie auch immer aussehender, Förderung spricht, von der niemand weiß, ob und wann sie kommt? Richtig, er wartet mit seiner Bestellung seines neuen EV- wieder eine künstlich produzierte Bremse.
Es gibt deutlich klügere als mich, aber ICH verstehe unsere Entscheider überhaupt nicht. Würden sie nicht nur über Klimaschutz schwätzen, sondern ihn auch leben, würden fragwürdige Subventionen gestrichen, allemal die unserer verhungernden Autobauer und stattdessen z.B. die Strompreise drastisch gesenkt, damit wir mit unseren E-Autos ALLE Geld beim Unterhalt unserer Fahrzeuge sparen können und nicht nur die previligierten ‘Zu Hause Lader’. Man könnte die Spritpreise deutlich hochsetzen und klugen Rechnern klar machen, dass mit ggf. exponentiell steigenden Preisen bereits deutlich vor 2035 der Kauf eines Verbrenners sinnfrei wird. Vergewaltigung? Sehe ich absolut anders. Wer weiter Lärm, Gestank und Giftgase braucht, kann nach EU Planung noch ewig weiter Verbrenner fahren. Das ewige Geschwätz von “Zwang” ab 2035 ist einfach nur dumm und verlogen.
Unsere Autobauer HABEN (endlich) reagiert. Skoda bringt noch in diesem Monat den “Elroq” auf den Markt, eine in MEINEN Augen fast eierlegende Wollmilchsau für den Preis seines Verbrennerpendants “Karoq”. Und dies zu einem deitlich ! geringeren Grundpreis als dem Durchschnittspreis neuer Autos in D, der bei sage und schreibe um die 44.000 € liegt. VW kommt mit dem ID2all und dem Skoda-Bruder, Kia hat den EV3 auf dem Markt.
Ich denke, dass mit Drehen an ein paar (richtigen) Stellschrauben sehr schnell eine große Mehrheit von uns lange vor 2035 auf EV umsteigen würde. Nicht zuletzt wegen zunehmend zur Verfügung stehender Gebrauchtwagen.

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