Analyse: Öffentliche Ladesäulen oft teurer als Tanken

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Wer unterwegs Strom laden will, muss dafür oft tief in die Tasche greifen. Bei durchschnittlich 20 Kilowattstunden Stromverbrauch für 100 Kilometer Fahrt fallen an öffentlichen AC-Ladepunkten aktuell rund 10,45 Euro an. Beim Schnellladen (DC) liegt der Durchschnittspreis sogar bei 12,06 Euro für dieselbe Strecke. Das entspricht 0,60 Euro pro Kilowattstunde und damit einem merklich höheren Preisniveau.

Die aktuellen Zahlen stammen aus einer Analyse von LichtBlick in Zusammenarbeit mit Statista. Sie bestätigen einen Trend: Das Laden unterwegs ist für viele E-Auto-Nutzer mittlerweile teurer als Benzin. Im Vergleich lag der Preis für sechs Liter Super E10 im März 2025 bei 10,21 Euro – ein durchschnittlicher Wert für 100 Kilometer mit einem Verbrenner.

Aktuelles Preisniveau gefährde Akzeptanz der E-Mobilität

Diese Entwicklung sorgt für Kritik. Laut Markus Adam, Chefjurist bei LichtBlick, gefährdet das aktuelle Preisniveau die Akzeptanz der Elektromobilität. Die Sorge: Wenn das Laden auf Reisen dauerhaft mehr kostet als das Tanken, verliert der Umstieg auf Strom an Attraktivität – und das bremst die Mobilitätswende. Hinter den hohen Preisen stehen lokale Strukturen. Öffentliche Ladesäulen werden meist von nur einem Betreiber pro Standort betrieben. Das ist ökonomisch sinnvoll, weil sich mehrere konkurrierende Säulen an einem Ort nicht rechnen würden. Doch diese Situation führt dazu, dass kaum Konkurrenz auf dem Strommarkt entsteht. In der Regel handelt es sich bei den Betreibern um kommunale Energieversorger oder Netzbetreiber. Neue Anbieter haben es schwer, sich durchzusetzen.

Wer an diesen Ladepunkten Strom beziehen will, hat oft nur wenige Optionen. Die Betreiber legen die Preise fest – nicht nur für ihre Kundschaft, sondern auch für andere Anbieter, die ihren Strom über dieselbe Infrastruktur anbieten möchten. Diese Drittanbieter zahlen teils deutlich mehr: Laut Angaben können die Nutzungskosten für sie bis zu 194 Prozent über denen der Hauskunden liegen.

Zudem ist der Zugang zur Ladeinfrastruktur nach wie vor kompliziert. Unterschiedliche Zugangssysteme, Abrechnungsmodelle und Zahlungsoptionen sorgen für Verwirrung. Wer spontan laden möchte, muss je nach Anbieter-App, Karte oder Bezahlsystem nutzen – ein einheitlicher Standard fehlt. Das erschwert die Nutzung im Alltag erheblich.

Auch auf Seiten der Drittanbieter ist die Lage problematisch. Eigene Ladepunkte zu errichten ist kaum möglich. Deshalb greifen sie meist auf Roaming zurück: Ihre Kund:innen erhalten so Zugriff auf fremde Ladesäulen. Doch dieses Modell bringt zusätzliche Kosten mit sich. Neben dem regulären Stromtarif fällt ein weiteres Entgelt an, das den Gesamtpreis in die Höhe treibt. Echter Wettbewerb entsteht dadurch nicht.

Ad-hoc-Laden verteuert kWh-Kosten deutlich

Spontanes Laden ohne Vertrag – sogenanntes Ad-hoc-Laden – klingt auf dem Papier nach Freiheit, ist in der Praxis aber oft teurer. Die Preise liegen hier in stark konzentrierten Regionen rund 20 Cent pro Kilowattstunde über jenen von Vertragstarifen. Die Monopolkommission wies im neunten Sektorgutachten Energie darauf hin, dass Kund:innen dadurch benachteiligt werden. Intransparente Kosten, fehlende Angaben zur Stromqualität und uneinheitliche Preisgestaltung machen das spontane Laden unattraktiv.

Ein Lösungsansatz liegt im sogenannten Durchleitungsmodell. Dieses Konzept sieht vor, dass alle Stromanbieter ihren Strom an jeder Ladesäule einspeisen dürfen. Der Betreiber der Säule erhält im Gegenzug ein festgelegtes Nutzungsentgelt. Dieses soll die Kosten für Bau, Wartung und Betrieb abdecken – inklusive einer fairen Verzinsung. Die Preisgestaltung für den Strom übernimmt dann nicht mehr der lokale Betreiber, sondern der Markt. Anbieter könnten ihre Tarife frei kalkulieren und den Strom an Ort und Stelle liefern. Überzogene Preise wären schwerer durchsetzbar, weil Nutzer:innen problemlos zu günstigeren Anbietern wechseln könnten.

Für Fahrer:innen bringt das Modell einige Vorteile. Sie könnten mit einem Anbieter ihrer Wahl abrechnen – unabhängig davon, wo sie laden. Statt vieler Einzelrechnungen gäbe es eine zentrale Abrechnung. Auch die Transparenz würde steigen: Preise und Stromquellen wären klar ersichtlich, ein Vergleich leicht möglich. Technisch ist die Umsetzung bereits machbar. Laut LichtBlick eMobility und dem Start-up decarbon1ze läuft das Modell bereits im Regelbetrieb – ein Beweis dafür, dass es nicht bei der Theorie bleiben muss.

Quelle: Lichtblick – Ladesäulencheck 2025 per Mail

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Melvin:

Und in meinem Dorf (ebenso ca. 300 Einwohner) mit einer durchgehenden, nur von einer Ampel unterbrochenen Hauptstraße von Ortsschild zu Ortsschild ballern die AMGs, GTIs etc. abends gerne mit deutlich über 50 von Ortsschild zu Ortsschild und präsentieren zur Schlafenszeit der Kinder den wunderbaren Klang ihrer fahrenden Heizungen.
Man sitzt im Garten und lauscht dem Geknalle von Hyundai N-Fehlzündungen und DSG-Schaltvorgängen.
Selbst wenn innerorts mal mobil geblitzt wird, spätestens am Ortsausgangsschild gibts wieder Knallgas.
Ebenso wenn bei uns im Wohngebiet die Straße als Schleichweg ins Nachbardorf genutzt wird (minimal kürzere Strecke, buckelig mit Geschwindigkeitsschwellen und durch sehr enge Straßen, aber hey, man spart 500 m…) und bei angesagtem Tempo 30 deutlich schneller mit röhrendem Diesel berghoch ballern.
Die meisten Anwohner sind den Lärm entsprechend leid.

Abgase sind immer dann lästig, wenn man sich an die Hauptstraßen der Dörfer begibt, stinkende Diesel und Benziner riecht und weiß, dass es doch eigentlich auch ohne geht.
In der Stadt im Prinzip an jeder beliebigen von Autos befahrenen Straße.
Wobei das natürlich noch längst nicht jedem so bewusst ist, weil noch längst nicht alle Elektro und damit abgasfreie Fahrzeuge ernst nehmen. Die Erkenntnis setzt sich jedoch mit jedem Nachbarn, der es einfach mal macht, immer weiter fort.

So ist das Empfinden deutlich unterschiedlich.

Volker:

Bei mir etwas über 20 Cent zuhause, für Langstrecken buche ich für einen Monat die Vorteilstarife von Ionity oder EnBW dazu. Macht 39 Cent plus Grundgebühr, was sich bei 1400 km locker rechnet.

Volker:

Trotz Atomstrom günstig Laden, denn die Franzosen greifen bei Kühlwasserknappheit gerne zur regenerativen deutschen Ware.
Schließlich sind ihre überalterten Meiler hochsubventioniert.

Silverbeard:

Klar liegen die Strompreise an Ladestationen über den Strompreisen zu Hause.
Schließlich wollen die Betreiber von den Ladestationen Gewinn machen. Dazu müssen die Gestehungs- und Wartungskosten, Personalkosten (und wenn nur für die Abrechnung), sowie eventuell Grundstücksmieten mit den Preisen hereinkommen.

Die Kraftstoffpreise werden in den nächsten Jahren alleine deshalb steigen, weil sinkende Verkaufsmengen höhere Gewinnanteile pro Liter für gleichbleibende Profite notwendig macht.

Silverbeard:

Mit dem Verbrennerbestand wäre ich mir nicht so sicher. Ich rechen damit, das 2035+10 Jahre die meisten Verbrenner von der Straße sind. Übrig bleiben nur Oldtimer.
Schließlich wird sich auch das Tankstellennetz weiter ausdünnen, was Verbrenner fahren unbequemer machen wird.

Silverbeard:

Ich kann diese Aufregung nicht so ganz erstehen.

Entweder fährt man hauptsächlich lokal. Dann läd man zu Hause oder immer an den selben Stationen. Deren Preise kennt man nach kurzer Zeit, Läd sich die richtigen Apps aufs Handy oder schließt ein Ladeabo ab. Bei mir in der Nähe gibt es einen Aldi mit 44-47Ct/kWh AdHock Laden.

Oder man fährt hauptsächlich Langstrecke. Auch dann schließt man Abos ab oder läd bei Tesla.

Reinhold:

Die Strompreise an den Deutschen ladestation liegen weit über den aktuellen Stromkosten. Aktuell plant unsere
Regierung (meiner Meinung nach lobby Regierung)Eine sinnlose Subventionierung und Steuervorteile für Unternehmen
die sowieso nicht wissen was sie mit den Milliarden Gewinnen machen sollen ist Unsinn.
Deshalb sollten die Ideen der neuen Bundesregierung auf Eis gelegt
werden und in sinnvolle Senkung der Strompreise investiert werden.
Nur durch günstige Strompreise wird die Akzeptanz von Elektrofahrzeuge deutlich verbessert

Meine Petition 182079 gegen unsinnige Subventionen und Senkung der Stromkosten

Thomas Schmieder:

Denke ich an Lichtblick in der Nacht, hat mich das auf “VW” gebracht.

Da gibt/gab es doch eine enge Zusammarbeit bei BHKW, oder?

Und nun hat VW Zugriff auf etliche extended Life Batterien. Daraus könnte man nach dem Vorbild von https://voltfang.de, oder sogar mit denen zusammen Semi-Schnelllader an vielen (älteren) Groß-PV-Anlagen aufbauen, die mit ihrer Einspeisevergütung nicht mehr zufrieden sind. Das würde zumindest dem Image von VW bezüglich E-Mobilität nicht schaden.

Thomas Schmieder:

So wird der Weg wieder zum Ziel.
Man muss eben viele Freund:innen mit eigenen PV-Anlagen an der Strecke haben, wo man mit 11kW laden kann, während man von alten Zeiten träumt.

So weit wird es vermutlich nicht ganz kommen. Aber was wäre denn, wenn die vielen Bauern, die noch ältere PV-Anlagen mit teilweise über 200kWp auf ihren Gebäuden haben zusammen mit https://Voltfang.de Schnelllader (mit Pufferspeicher) aufbauen würden. Bei vielen älteren Anlagen endet bald der Einspeisezeitraum. Die Einspeisevergütung ist zum Ende ohnehin nicht mehr sooo hoch. Statt Stilllegeung oder Abriss der Anlage wäre das doch eine Alternative. Das rechnet sich bestimmt – zumindest von März bis Mitte November. Das wäre dann eine typische Win-Win-Win-Ätsch-Kombination.

Und dann können die Ladenden auch gleich auf dem Hofladen einkaufen ;-)

Robert:

51 cent? dann bist du wohl ENBW Stromkunde weil ich bezahle 59cent mit der App falls die Ladesäulen auch mal funktionieren in letzter Zeit öfters mich über nicht funktionierenden ENBW Ladesäulen geärgert

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