Range Extender: Alte Idee, neu entdeckt

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Elektroauto-News

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Die Idee, Elektroautos mit einem Range Extender auszustatten, ist nicht neu. Bereits vor über einem Jahrzehnt setzten Hersteller auf diese Technologie, um die damalige Reichweitenproblematik zu entschärfen. Während vollelektrische Modelle noch mit begrenzten Batteriekapazitäten und einem dünnen Ladenetz zu kämpfen hatten, bot der Range Extender eine Lösung für Fahrer, die längere Strecken zurücklegen mussten.

Jetzt erlebt der Range Extender, zwischenzeitlich auf dem Abstellgleis gelandet, eine Renaissance. Trotz der Fortschritte in der Batterietechnologie und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur zeigen aktuelle Marktentwicklungen, dass die vollständige Umstellung auf vollelektrische Mobilität langsamer verläuft als ursprünglich prognostiziert. Besonders in Regionen mit unzureichender Ladeinfrastruktur oder für Langstreckenfahrer bleiben Elektroautos mit Range Extender eine praktikable Alternative.

Die steigende Nachfrage nach flexibleren Antriebskonzepten und die Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Energieversorgung lassen Automobilhersteller erneut auf diese Technologie setzen. Statt als Übergangslösung wird der Range Extender zunehmend als integraler Bestandteil eines diversifizierten Antriebsportfolios betrachtet.

Drei Modelle stehen exemplarisch für diese Entwicklung: der Opel Ampera, der BMW i3 REX und der Polestar 1

Als der Opel Ampera mit Range Extender im Juli 2011 angekündigt wurde, war die Skepsis gegenüber Elektroautos noch deutlich größer als heute. Viele potenzielle Käufer hatten Bedenken hinsichtlich der Reichweite und der fehlenden Ladeinfrastruktur. Der Opel Ampera mit Range Extender setzte genau hier an: Ein 1,4-Liter-Benzinmotor mit 62 kW (84 PS) fungierte als Generator und lud die Batterie auf, sobald der Ladezustand einen bestimmten Punkt unterschritt. Die rein elektrische Reichweite lag je nach Fahrweise und Streckenprofil zwischen 40 und 80 Kilometern, was für Stadtfahrten und kurze Strecken ausreichte.

Anschließend konnte der Range Extender zusätzlichen Strom für bis zu 500 Kilometer liefern. Akustisch war dieser Wechsel an einem typischen Verbrennungsmotorklang erkennbar. Zudem nutzte das Modell Rekuperation, um Bremsenergie in elektrische Energie umzuwandeln und die Batterie erneut zu laden. Der offizielle Verbrauch nach dem damaligen Testzyklus betrug 1,6 Liter auf den ersten 100 Kilometern bei einem CO₂-Ausstoß von unter 40 Gramm pro Kilometer.

Einige Jahre später brachte BMW mit dem i3 REX ein weiteres Elektroauto mit Range Extender auf den Markt. Der i3 REX war von Beginn an als innovatives Stadtauto konzipiert. Seine Karosserie bestand aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, was das Gewicht verringerte und die Effizienz steigerte. Der Range Extender war als Sonderausstattung erhältlich und bestand aus einem wassergekühlten Zweizylinder-Benzinmotor mit 647 cm³ Hubraum aus BMWs Motorradsparte. Dieser leistete 28 kW (38 PS) bei 5000 U/min und erzeugte mit einem angeschlossenen Generator maximal 26,6 kW elektrische Leistung. Durch einen vorn untergebrachten 9-Liter-Kraftstofftank konnte die Reichweite um etwa 120 bis 150 Kilometer verlängert werden.

Der Motor startete entweder automatisch, wenn der Ladezustand der Batterie eine kritische Schwelle von 7 Prozent unterschritt, oder konnte manuell aktiviert werden, sobald der Akkustand unter 75 Prozent fiel. Allerdings lud der Motor die Batterie nicht weiter auf als den zum Startzeitpunkt aktivierten Ladezustand. Der gleiche Motor wurde in einer leistungsstärkeren Version auch in BMWs Motorrollern C 650 GT und C 600 Sport verbaut. Trotz seiner technischen Raffinesse wurde die Produktion des i3 REX 2019 eingestellt.

Der Polestar 1 stellt eine andere Art der Nutzung der Range-Extender-Technologie dar. Das Modell wurde im März 2020 eingeführt und kombinierte einen leistungsstarken Plug-in-Hybridantrieb mit einer elektrischen Reichweite von bis zu 124 Kilometern nach dem WLTP-Zyklus. Anders als der Opel Ampera oder der BMW i3 REX setzte Polestar auf eine Kombination aus Elektromotoren und einem 2,0-Liter-Turbobenziner. Der Vierzylindermotor mit Kompressor und Turbolader leistete 227 kW (309 PS) und lieferte ein maximales Drehmoment von 435 Newtonmetern.

Der Verbrennungsmotor trieb dabei die Vorderräder an, während zwei Elektromotoren mit jeweils 85 kW (116 PS) die Hinterachse versorgten. Zusätzlich war ein 50 kW (68 PS) starker, in die Kurbelwelle integrierter Startergenerator verbaut. Diese Kombination ermöglichte eine Gesamtleistung von 448 kW (609 PS) und 1000 Newtonmetern Drehmoment, was eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,2 Sekunden erlaubte. Der Polestar 1 wurde nicht als Hybrid im klassischen Sinne beworben, sondern als Elektroauto mit Verbrennungsmotor-Unterstützung. Das Modell war auf 1500 Exemplare limitiert und diente als technischer Meilenstein für Polestar.

Die drei Modelle zeigen, wie unterschiedlich der Range Extender interpretiert wurde. Während Opel und BMW ihn als Übergangstechnologie zur Förderung der Elektromobilität einsetzten, kombinierte Polestar die Technologie mit leistungsorientierter Hybridtechnik. Heute sind Elektroautos mit immer größeren Batteriekapazitäten erhältlich, was den Bedarf für Range-Extender-Systeme sinken lassen müsste, möchte man meinen. Doch derzeit scheint wieder ein Umschwung stattzufinden, mehr und mehr Hersteller bauen ähnliche Modelle, manche mit Elektro-Reichweiten deutlich jenseits der 100- und manche sogar der 200-Kilometer-Marke. So gesehen waren Ampera, i3 REX und Polestar 1 ihrer Zeit voraus.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Heiner:

schade, mein Kommentar wurde an einer unglücklichen Stelle gekürzt und wirkt nun sinnverdreht…..

Heiner:

eine Feuerversicherung brauche ich (wahrscheinlich) auch nie. Dennoch ein gutes Gefühl sie zu haben.
BEVs auf längeren Fahrten bereiten mir schon mal ein ungutes Gefühl.
Dafür nehme ich gerne das Mehrgewicht und den Mehrverbrauch in Kauf.

Hans-Martin:

Eine kleine Ergänzung zum Ampera: Er hat zwei Elektromoren unterschiedlicher Leistung. Der kleine Elektromotor wird über ein Planetengetriebe bei höheren Geschwindigkeiten zugeschaltet, um die Drehzahl des Hauptmotors zu reduzieren und damit im effizienteren Drehzahlbereich zu bleiben. Im REX Modus diente der kleine Elektromotor als Generator.
Ich habe den Ampere 7 Jahre gefahren und genossen. Heute fahre ich BEV und genieße nun, nicht mehr ständig auf der Suche nach einer Lademöglichkeit zu sein.

adson:

Da erinnere ich gern nochmal an die Folge von Elektro Spaßvogel, wo eine Frau in einer Welt von E-Autos das neue Benzinauto vorgestellt bekommt.

Helmut L.:

“Ein 1,4-Liter-Benzinmotor mit 62 kW (84 PS) fungierte als Generator und lud die Batterie auf, sobald der Ladezustand einen bestimmten Punkt unterschritt.”
Ein Benzinmotor kann nicht ‘als Generator fungieren’, sondern nur einen Generator antreiben.
Das Prinzip des Rangeextenders nennt man im Fachjargon einen seriellen Hybrid, weil der Antrieb stets elektrisch ist und der Verbrenner in Serie zugeschaltet wird, nur, um über einen Generator die Batterie zu laden. Herkömmliche Hybride, bei denen der Antrieb alternativ über Elektromotor oder Verbrenner realisiert ist, nennt man parallele Hybride.
Beim reinen E-Auto fungiert der Antriebsmotor beim Bremsen als Generator. Hingegen beim seriellen Hybrid (Extender) ist zusätzlich zum Elektromotor ein Generator nötig, was den Aufwand erhöht. Dafür aber braucht der serielle Hybrid kein aufwändiges (automatisches) Schaltgetriebe, sondern nur ein simples, kleines Reduktionsgetriebe, so, wie auch ein reines E-Auto. Der Nachteil des zusätzlichen Generators hebt sich somit auf.
Range-Extender sind derzeit vor allem in China beliebt.
Auch Mazda hat einen entwickelt, mit einem sehr leise laufenden Wankelmotor. Allerdings sind die Leistungsdaten des Maxda sehr bescheiden, so dass das Modell floppt. Japanische Hersteller haben die aktuellen Bedürfnisse europäischer Kunden leider nicht begriffen.

Wolfgang Zels:

Aber das E-Kennzeichen trägt zu einem guten Gewissen bei
und damit ist für viele Fahrzeugkäufer der Zweck erfüllt.

Jakob Sperling:

Da gibt es noch ein paar wichtige Parameter mehr. So zum Beispiel das Gewicht und die Grösse des Gesamtsystems. Und insbesondere die Gesamtkosten des Motors für Produktion und dann den Betrieb. Bei einem Normalverbraucher und dieser Grösse von Batterie wird man ja den Verbrenner eher selten einschalten, sodass dessen Verbrauch etwas weniger wichtig ist.

Christian:

Das ist nicht Zukunft sondern Rückschritt. Und falsch. Aber wir haben ja so viel CO2 Kontingent übrig………echt ein Witz.

Josef:

Augen auf beim Fahrzeugkauf…wer sein eigenes Fahrprofil falsch einschätzt, kauft das falsche Fahrzeug.
Denke die meisten haben aus Reichweitenangst ein REX gekauft, um festzustellen, dass sie es fast nie brauchen…und viel zu selten die Reichweite benötigen.

Martin:

Mit dem Einbau des REX hat der Mazda MX-30 nur noch eine 17,8 kWh Batterie. Dafür aber einen 50 Liter Tank. Vergleicht man den MX-30 REX mit einem aktuellen Plug-In Hybrid wie dem Tiguan, spricht nichts mehr für einen BEV REX, zumindest nicht beim MX-30. Die elektrische Reichweite nach WLTP gibt Mazda mit 110 km, VW für den Tiguan mit 126 km an. Beim Verbrauch bei entladener Batterie steht es 8,3 (MX-30) zu 5,6 L/100 km (Tiguan).

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