Technologie-Versuch in BW: Elektro-Lkw vs. Oberleitung

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Daimler Truck

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Seit Kurzem ist ein batterie-elektrischer Mercedes-Benz eActros 600 auf der B462 im Nordschwarzwald für die Logistikfirma Fahrner unterwegs. Im Rahmen des Projekts eWayBW unter Federführung des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg wird der seriennahe E-Lkw-Prototyp für einen Technologievergleich neben den Oberleitungs-Lkw eines anderen Herstellers eingesetzt.

Dabei transportiert der eActros 600 Papiererzeugnisse auf der gut 18 Kilometer langen Strecke von den Papiermühlen in Gernsbach-Obertsrot zum Logistik-Standort von Fahrner in Kuppenheim und legt mehrere Umläufe mit täglich rund 220 km zurück. Geladen wird der eActros 600 über Nacht an einer Ladesäule, die für die Dauer des Projektes auf dem Depot von Fahrner installiert wurde.

Daimler Truck selbst plant keine Oberleitungs-Lkw. Der Hersteller setzt in seiner Fahrzeugstrategie auf die Batterie sowie auf Wasserstoff und damit auf flexibel einsetzbare lokal CO2-neutrale Antriebstechnologien.

Wir bekennen uns klar zu den Klimazielen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen sich alle Beteiligten in Politik und Wirtschaft auf die Technologien konzentrieren, die beim emissionsfreien Transport wirklich zukunftsweisend sind. Nur so können wir unsere Ressourcen und Budgets wirksam einsetzen“, sagt Martin Daum, CEO von Daimler Truck. Er verweist darauf, dass Daimler Truck bereits „mehr als 6000 E-Lkw“ auf die Straße bringen konnte, „die Tag für Tag bei unseren Kunden im Einsatz sind“.

Der eActros 600, der nun auch für den Technologievergleich mit der Oberleitung herangezogen wird, ist der erste batterie-elektrische Lkw von Daimler Truck für den Fernverkehr. „Seit Verkaufsstart Ende letzten Jahres haben wir bereits über 1000 feste Bestellungen“, erklärt Daum. „Das zeigt, dass wir mit unserer Antriebsstrategie den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir sind überzeugt, dass sich unser eActros 600 im Murgtal hervorragend beweisen wird.

Daimler Truck ist bereits seit 2019 auf der B462 unabhängig von eWayBW mit verschiedenen Generationen des batterie-elektrischen eActros – vom ersten Prototyp bis hin zur Serienversion der Verteilerverkehr-Variante eActros 300 – erfolgreich im Praxiseinsatz bei der Firma Logistik Schmitt.

Der Mercedes-Benz eActros 600 in der Serie

Die hohe Batteriekapazität von mehr als 600 Kilowattstunden – daher die Typbezeichnung 600 – sowie eine neue, effiziente elektrische Antriebsachse aus eigener Entwicklung, ermöglichen eine Reichweite des E-Lkw von 500 Kilometern ohne Zwischenladen. So werde der eActros 600 deutlich mehr als 1000 Kilometer am Tag zurücklegen können. Zwischenladen während der gesetzlich vorgeschriebenen Fahrerpausen – selbst ohne Megawattladen (MCS) – mache dies möglich.

Der eActros 600 wird neben dem CCS-Laden mit bis zu 400 kW später auch das Megawattladen ermöglichen. Im April dieses Jahres haben Entwickler von Mercedes-Benz Trucks erstmals einen Prototyp des eActros 600 an einer Ladesäule mit einer Leistung von einem Megawatt im unternehmenseigenen Entwicklungs- und Versuchszentrum in Wörth am Rhein erfolgreich geladen.

Kunden können für MCS eine Vorrüstung bestellen. Sobald die MCS-Technologie verfügbar und herstellerübergreifend standardisiert ist, soll sie für diese Modelle des eActros 600 nachrüstbar sein. Die Batterien können an einer entsprechenden Ladesäule mit etwa einem Megawatt Leistung in ca. 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent aufgeladen werden, was etwa 300 km nachgeladener Reichweite entspricht.

Bei der Profitabilität für Flottenbetreiber soll der Elektro-Truck neue Maßstäbe setzen, womit er langfristig die Mehrheit der Diesel-Lkw im wichtigen Fernverkehrs-Segment ablösen könne, wie Daimler in seiner Mitteilung betont. Kern des Konzepts von Mercedes-Benz Trucks für den batterieelektrischen Fernverkehr ist, Kunden eine gesamtheitliche Transportlösung aus Fahrzeugtechnologie, Beratung, Ladeinfrastruktur und Services zu bieten.

Der Start der Serienproduktion ist für Ende 2024 vorgesehen. Der eActros 600 soll von Anfang an als Sattelzugmaschine sowie als Pritschenfahrgestell-Variante produziert werden, was den Kunden zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten im vollelektrischen Transport biete.

Quelle: Daimler Truck – Pressemitteilung vom 11.06.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Wolfbrecht Gösebert:

“Die Oberleitung mag nicht so schön aussehen, sie ist aber vergleichsweise billig …”

Dann erzähl’ doch mal, mit welcher Quelle Du die “vergleichsweise billigen” Kosten bitte belegen willst!
Verschleiss- und Unterhaltungs-Kosten bitte gleich mitnennen!

egon_meier:

Ich gebe zu, dass ich sehr pauschal und in die Zukunft gerichtet geschrieben habe.
Nachts gab es in windreichen Phasen nachts erheblich Windstrom, der zu geringen oder sogar negativen Preisen führte. Mit Zubau der WEA wird das immer öfter passieren (jetzt schon relativ häufig über Tag durch PV).
Das führt dann zu niedrigen bzw attraktiven Stromkosten in den Nachtstunden. Nachts gibt es auch keine regionalen Netzengpässe, da Haushalte, Industrie usw sehr wenig el. Energie benötigen.
Wo nix gebraucht wird ist auch nicht hinzuleiten und die paar lkw spielen da keine Rolle.

Frank:

Natürlich bin ich mit der Einspeisung vertraut, sonst hätte ich die Frage nicht gestellt. Wenn es im Winter Spitzen von 48GW gibt und der Verbrauch nahezu 80GW beträgt, handelt es sich dabei nicht um Überschussstrom aus Windenergieanlagen, höchstens bei Regionale Netzengpässe.

egon_meier:

energy-charts.info ?

Frank:

” nachts den Überschusstrom der WEA ”

wann soll das den gewesen sein ?

egon_meier:

Jetzt wird wieder rumlamentiert, dass die reale Reichweite denn noch nicht 500 km ist.
Wie wir am Beispiel sehen gibt es unzählige Nutzungssituationen bei denen nur 100-300 km am Tag zurückgelegt werden. Dafür werden dann die passende Fzg gekauft.
Fernverkehr ist was anderes und dafür gibt es auch passende lkw – bislang noch vorrangig Diesel

Wenn die e-lkw schon den Lieferverkehr abdecken können und dann billig nachts den Überschusstrom der WEA laden können ist ökonomisch und ökologisch schon jede Menge gewonnen.

Daniel W.:

600 kWh wären etwa 3,7 Tonnen Batteriegewicht.

—–
Derzeit bringen der eActros und der Sattelauflieger gemeinsam ein Leergewicht von 17 bis 18 Tonnen auf die Waage. Rechnerisch ergibt sich also für den 40-Tonner eine Nutzlast von 22 Tonnen. Ändern sich aber die Vorgaben für die Gewichte, wie es derzeit in Brüssel diskutiert wird, könnte das Zuggesamtgewicht um 2 oder sogar 4 Tonnen zulegen.
(Quelle: dvz.de – 11. Oktober 2023)
—–

Sollte Brüssel die 2 oder 4 Tonnen zusätzlich genehmigen, dann wäre das Batteriegewicht zur Hälfte oder ganz ausgeglichen.

Bei Zügen lohnen sich Oberleitungen, da die resourcen- und energiereiche Batterienherstellung oder die energieintensive Wasserstoffherstellung entfällt.

Bei Oberleitungen über Autobahnen und einer Geschwindigkeit von 80 km/h braucht der Lkw knapp 7 km an Stromleitungen für 5 Minuten laden. Und bei 500 kW durchschnittlicher Ladeleistung würden in 5 Minuten knapp 42 kWh in den Akku fließen für rund 25 bis 35 km Fahrt ohne Stromleitungen.

Lkws mit Stromabnehmer brauchen entweder einen großen Akku, wenn sie größere Strecken abseits der Oberleitungen fahren, oder einen Dieselmotor.

Kleine Akkupacks plus Dieselmotor mit großen Dieseltank widerspricht dem Klimaschutz, dann doch lieber BEV-Lkws mit großen Akkupacks.

Kurz gesagt – Schienen mit Oberleitungen und bei Straßen E-Lkws mit Akkupacks.

Frank:

Wenn man schon die Hochspannungsleitungen, Schaltanlagen und Trafostationen an die Autobahn bringt, kann man die Parkplätze doch gleich mit Megawatt-Lader ausrüsten, die Fernbusse brauchen ja auch schnelles Laden.

Volker:

Die Oberleitung mag nicht so schön aussehen, sie ist aber vergleichsweise billig und wird vom Staat gebaut. Der Unternehmer spart zehntausende EUR für die große Batterie und hat 3 Tonnen zusätzliche Nutzlast pro LKW. Megawatt-Lader braucht man dann auch nicht.

Frank:

Deine Erfahrung weißt Du selbst, dass das nur in der Theorie 500km weit kommen kann, die Praxis mit Rangieren, Kälte, Alter der Batterie usw. sieht ja ganz anders aus.

Bei einen eAtros 600 kann man keinen schweren Container transportieren ist besonders bei den Bahntransport bis Endkunden nötig und den Inhalt auf zwei Container aufteilen will auch keiner.

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