EnBW dampft Schnellladeziel bis 2030 deutlich ein

Cover Image for EnBW dampft Schnellladeziel bis 2030 deutlich ein
Copyright ©

ThomBal / Shutterstock.com

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Das Energieunternehmen EnBW hat seinen 50. überdachten Schnellladepark eröffnet und zugleich ein neues Etappenziel bekannt gegeben, wie das Unternehmen mitteilt. Statt der bisher geplanten 30.000 Schnellladepunkte will der Energieversorger bis 2030 nur noch 20.000 realisieren. Das teilte das Unternehmen im Rahmen seiner jüngsten Bilanzpressekonferenz mit. Der Rückschritt im Ausbauplan ist laut Vorstandschef Georg Stamatelopoulos keine Abkehr von der Elektromobilität, sondern eine Reaktion auf die aktuelle Marktlage.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Die durchschnittliche Auslastung der bestehenden Ladesäulen liegt bei lediglich 15 Prozent. Nach Angaben von Stamatelopoulos bleibt die Infrastruktur also zu 85 Prozent der Zeit ungenutzt. Diese Einschätzung deckt sich mit externen Analysen, wie etwa dem ChargingRadar, der gemeinsam von Cirrantic und TheonData betrieben wird. Demnach finden an öffentlichen Ladepunkten in Deutschland im Schnitt nicht einmal 30 Ladevorgänge pro Monat statt. Mangelnde Sichtbarkeit, ungünstige Standorte oder hohe Preise gelten als Gründe, dass viele Säulen kaum genutzt werden.

Trotz der gebremsten Dynamik sieht EnBW weiterhin Potenzial im Markt. Der Ausbau werde lediglich verlangsamt, nicht gestoppt. Das Unternehmen sichert sich weiterhin Flächen und möchte selektiv ausbauen. In den Worten von Stamatelopoulos: „Wir sichern uns weiterhin die Standorte und dann bauen wir eine gewisse Anzahl von Ladesäulen.“ Auch Fabian Kneule, Finanzchef bei EnBW mobility+, betont, dass die Anpassung der Ausbauziele nicht als Zeichen einer Schwäche zu deuten sei. Man orientiere sich an den tatsächlichen Entwicklungen bei den Neuzulassungen von E-Autos. Diese verlaufen derzeit langsamer als ursprünglich angenommen. Deshalb habe man die Zielmarke nach unten korrigiert.

Seit 2016 betreibt EnBW Schnellladeinfrastruktur. Damals ging die erste Station mit 50 Kilowatt Leistung in Betrieb. Heute zählt das Unternehmen über 7000 eigene Schnellladepunkte und bezeichnet sich selbst als einen der führenden Anbieter in diesem Bereich. Im vergangenen Jahr wurde die Marke von 6000 Ladepunkten erreicht. Inzwischen stellt sich allerdings nicht mehr nur die Frage nach Ladeleistung oder Zahl der Standorte. Immer mehr Nutzer:innen erwarten einen nahtlosen Ladevorgang. Besonders relevant ist das für Menschen ohne eigene Lademöglichkeit zu Hause. Die Suche nach einer verlässlichen und gut erreichbaren Ladesäule wird für viele zur täglichen Herausforderung.

EnBW richtet die Standortwahl deshalb gezielt auf Alltagsorte aus – Supermärkte, Städte oder Autobahnen. CTO Volker Rimpler nennt das Ziel, Schnellladepunkte dort zu errichten, wo Menschen ohnehin mit ihrem Auto sind. Neben dem „Wo“ sei aber auch das „Wie“ entscheidend. Ausstattung, Komfort und Nutzbarkeit vor Ort spielen eine zentrale Rolle.

Um das Nutzungserlebnis zu verbessern, betreibt das Unternehmen das sogenannte HyperNetz, ein Roaming-Angebot, das Ladesäulen mehrerer Betreiber und Anbieter bündelt. Damit erhalten Autofahrer:innen Zugriff auf rund 800.000 Ladepunkte in 17 europäischen Ländern. Die dazugehörige App zeigt verfügbare Säulen an, erlaubt bequemes Bezahlen und automatisiert den Ladevorgang. Nach einer einmaligen Registrierung kann direkt geladen werden, die Abrechnung erfolgt transparent nach Kilowattstunden.

Trotz aller digitalen Unterstützung bleibt das Grundproblem bestehen: Viele Ladesäulen werden kaum genutzt. Der Markt wächst langsamer als geplant, Investitionen müssen sich langfristig rechnen. EnBW hat diesen Kurswechsel öffentlich gemacht und passt seine Strategie schrittweise an. Ob die angepassten Ziele ausreichen, um das Unternehmen dauerhaft an der Spitze zu halten, wird sich zeigen.

Quelle: EnBW – Pressemitteilung per Mail

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
Sidebar ads

E-Mobilität bewegt – auch dich?

Dann teile diesen Artikel mit deinem Netzwerk. Denn jeder Beitrag bringt uns der nachhaltigen Mobilität ein Stück näher. ⚡🚗🔋🌍💚

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Thomas Schmieder:

Wenn EnBW den weiteren Ausbau verlangsamt, heißt das doch nicht, dass sie sich nicht bereits alle geeigenten Plätze dafür gesichert hätten. Alleine schon, um es anderen Anbietern unmöglich zu machen, dort zu bauen. Lage, Lage, Lage.

Soll hier eventuell nur solange verzögert werden, bis man wieder eine neue gesetzliche Schutzvorschrift oder eine satte Subvention ernötigt hat?

Ewald Golv:

15% Auslastung – hört sich schlecht an, ist aber tatsächlich GUT. Sonst würde das Projekt ja auch gestoppt werden. HPC-Charger sind Gelddruckmaschinen. Wer es nicht glaubt, sollte sich das letzte Vid von Michael Schmitt B.E.N. anschauen. Der rechnet es vor. Als ehem. Sparkassenverbandsprüfer kann er das auch ;-)

Jens:

Das ist ziemlich viel Spekulation.
Schneller ist zwar besser, aber vielen reichen auch schon 150-200 kW völlig aus, sodass der kleinste Preisunterschied entscheidet.
In 10 Minuten 175 km nachzuladen ist doch prima.
400kW-Lader sind in 5 Jahren ganz sicher nicht veraltet, sondern werden den allergrößten Anteil an Ladevorgängen bedienen können. Für ein paar Vertreter, die es bekanntlich immer ganz eilig haben, wird sich ein Aufpreis fürs Megacharging durchsetzen…

Jens:

Die kurzen Ladekabel sind selbst für einen Kleinstwagen wie den Fiat 500 zu kurz, man kommt sich wirklich bekloppt vor. Ich habe dann quer geparkt, um laden zu können.

Jens:

Gilt der Preis bei Eviny (häufig 49ct) auch für Ad-Hoc-Zahlung oder ist das wieder ein Tarif?
Finde auf deren Webseite keine Info dazu.

Jens:

Pauschalisierung kennzeichnet vor allem eines: Nichtige Beiträge.
Eine Rabattapp von Netto ist nicht nur sehr viel einfacher zu benutzen als der Ladedschungel in Deutschland, es hat vor allem auch gar nichts damit gemeinsam.
Ich kenne niemanden, der das deutsche Chaos durchblickt. Dass es dafür so viele Informationen im Netz gibt, ist deutlicher Indikator dafür, dass es tatsächlich ein Problem ist.
Und was ist denn ein “Notfall”? Gibt es das bei Tankstellen auch? Oh, sie haben kein ARAL-Abonnement? Dann kostet der Liter für sie heute 3,50€?

Die Realität in Skandinavien ist tatsächlich: Billiger bei höherer Transparenz.

Jens:

EnBW ist schlichtweg zu teuer und man hoffte, durch Abonnement-Tarife Kunden zu binden. Dass dies für die große Mehrheit zu umständlich und unverständlich ist und zudem völlig marktunüblich ist (vgl. Tankstellen), hat man sich weggeträumt. Warum sollte ich parallel bei vier Anbietern Verträge mit Grundgebühren abschließen?
Nee, lasst mal.
So lange eine EWE-Säule für 52 ct oder Jet mit 49 ct in der Nähe sind, kauft eben kaum jemand freiwillig das selbe Produkt bei EnBW für rund 10-20 % mehr.
Lösungsvorschlag: wettbewerbsfähige Preise ausrufen ohne Vertragsbindung. 59 ct sind nun einmal das DOPPELTE dessen, was ich zuhause zahle.

Torsten:

Genau meine Meinung. Besser kann man es nicht formulieren.

Matthias Geiger:

Ja, wäre Elon nicht so durchgeknallt würde ich mir immer wieder einen Tesla kaufen. Die Software und die eigenen Tesla SuperCharger sind einfach super.

Matthias Geiger:

Sehr sehr gut dargestellt. Ja ich stimme zu 100 % den Aussagen zu

Ähnliche Artikel

Cover Image for Markus Schäfer, Mercedes: Politik muss jetzt liefern

Markus Schäfer, Mercedes: Politik muss jetzt liefern

Sebastian Henßler  —  

Markus Schäfer warnt vor Rohstoffabhängigkeit und fordert eine koordinierte Batterie-Strategie in Europa – sonst drohe ein Rückstand gegenüber China.

Cover Image for Mercedes-AMG GT XX: 1000 kW stark, 360 km/h schnell

Mercedes-AMG GT XX: 1000 kW stark, 360 km/h schnell

Wolfgang Gomoll  —  

AMG GT XX: Über 1000 kW Leistung, 850 kW Ladeleistung, recycelte Rennreifen im Cockpit und Aerodynamiktricks mit AA-Akkus machen den Stromer zum Technikwunder.

Cover Image for Robo-Autos: China, Tesla oder doch VW vorn?

Robo-Autos: China, Tesla oder doch VW vorn?

Wolfgang Gomoll  —  

VW startet mit Moia und dem ID.Buzz AD ins Robo-Zeitalter. Doch Waymo, Tesla und Chinas Autobauer fahren schon längst autonom durch Millionenstädte.

Cover Image for BYD drosselt Produktion trotz Millionenverkäufen

BYD drosselt Produktion trotz Millionenverkäufen

Sebastian Henßler  —  

BYD senkt die Produktion in mehreren Werken, streicht Nachtschichten und verschiebt Ausbaupläne – der Absatz bleibt hinter den Erwartungen zurück.

Cover Image for US-Steuergutschrift für Elektroautos auf der Kippe

US-Steuergutschrift für Elektroautos auf der Kippe

Maria Glaser  —  

In den USA könnte mit einem Gesetzentwurf des US-Senats die Förderung für Elektroautos von knapp 6450 Euro bereits in 180 Tagen auslaufen.

Cover Image for Autofrachter Morning Midas ist gesunken

Autofrachter Morning Midas ist gesunken

Michael Neißendorfer  —  

Nachdem sie komplett ausgebrannt war, ist die Morning Midas nun gesunken. Was das Feuer auf dem Pkw-Frachter ausgelöst hat, bleibt somit unklar.