Das Energieunternehmen EnBW hat seinen 50. überdachten Schnellladepark eröffnet und zugleich ein neues Etappenziel bekannt gegeben, wie das Unternehmen mitteilt. Statt der bisher geplanten 30.000 Schnellladepunkte will der Energieversorger bis 2030 nur noch 20.000 realisieren. Das teilte das Unternehmen im Rahmen seiner jüngsten Bilanzpressekonferenz mit. Der Rückschritt im Ausbauplan ist laut Vorstandschef Georg Stamatelopoulos keine Abkehr von der Elektromobilität, sondern eine Reaktion auf die aktuelle Marktlage.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Die durchschnittliche Auslastung der bestehenden Ladesäulen liegt bei lediglich 15 Prozent. Nach Angaben von Stamatelopoulos bleibt die Infrastruktur also zu 85 Prozent der Zeit ungenutzt. Diese Einschätzung deckt sich mit externen Analysen, wie etwa dem ChargingRadar, der gemeinsam von Cirrantic und TheonData betrieben wird. Demnach finden an öffentlichen Ladepunkten in Deutschland im Schnitt nicht einmal 30 Ladevorgänge pro Monat statt. Mangelnde Sichtbarkeit, ungünstige Standorte oder hohe Preise gelten als Gründe, dass viele Säulen kaum genutzt werden.
Trotz der gebremsten Dynamik sieht EnBW weiterhin Potenzial im Markt. Der Ausbau werde lediglich verlangsamt, nicht gestoppt. Das Unternehmen sichert sich weiterhin Flächen und möchte selektiv ausbauen. In den Worten von Stamatelopoulos: „Wir sichern uns weiterhin die Standorte und dann bauen wir eine gewisse Anzahl von Ladesäulen.“ Auch Fabian Kneule, Finanzchef bei EnBW mobility+, betont, dass die Anpassung der Ausbauziele nicht als Zeichen einer Schwäche zu deuten sei. Man orientiere sich an den tatsächlichen Entwicklungen bei den Neuzulassungen von E-Autos. Diese verlaufen derzeit langsamer als ursprünglich angenommen. Deshalb habe man die Zielmarke nach unten korrigiert.
Seit 2016 betreibt EnBW Schnellladeinfrastruktur. Damals ging die erste Station mit 50 Kilowatt Leistung in Betrieb. Heute zählt das Unternehmen über 7000 eigene Schnellladepunkte und bezeichnet sich selbst als einen der führenden Anbieter in diesem Bereich. Im vergangenen Jahr wurde die Marke von 6000 Ladepunkten erreicht. Inzwischen stellt sich allerdings nicht mehr nur die Frage nach Ladeleistung oder Zahl der Standorte. Immer mehr Nutzer:innen erwarten einen nahtlosen Ladevorgang. Besonders relevant ist das für Menschen ohne eigene Lademöglichkeit zu Hause. Die Suche nach einer verlässlichen und gut erreichbaren Ladesäule wird für viele zur täglichen Herausforderung.
EnBW richtet die Standortwahl deshalb gezielt auf Alltagsorte aus – Supermärkte, Städte oder Autobahnen. CTO Volker Rimpler nennt das Ziel, Schnellladepunkte dort zu errichten, wo Menschen ohnehin mit ihrem Auto sind. Neben dem „Wo“ sei aber auch das „Wie“ entscheidend. Ausstattung, Komfort und Nutzbarkeit vor Ort spielen eine zentrale Rolle.
Um das Nutzungserlebnis zu verbessern, betreibt das Unternehmen das sogenannte HyperNetz, ein Roaming-Angebot, das Ladesäulen mehrerer Betreiber und Anbieter bündelt. Damit erhalten Autofahrer:innen Zugriff auf rund 800.000 Ladepunkte in 17 europäischen Ländern. Die dazugehörige App zeigt verfügbare Säulen an, erlaubt bequemes Bezahlen und automatisiert den Ladevorgang. Nach einer einmaligen Registrierung kann direkt geladen werden, die Abrechnung erfolgt transparent nach Kilowattstunden.
Trotz aller digitalen Unterstützung bleibt das Grundproblem bestehen: Viele Ladesäulen werden kaum genutzt. Der Markt wächst langsamer als geplant, Investitionen müssen sich langfristig rechnen. EnBW hat diesen Kurswechsel öffentlich gemacht und passt seine Strategie schrittweise an. Ob die angepassten Ziele ausreichen, um das Unternehmen dauerhaft an der Spitze zu halten, wird sich zeigen.
Quelle: EnBW – Pressemitteilung per Mail