Der chinesische Automobilhersteller BYD hat kürzlich bekanntgegeben, dass seine neueste Generation an Ladesäulen auch für Elektroautos sogenanntes Megawatt-Laden mit 1000 kW Ladeleistung ermöglicht und ein entsprechendes Ladenetz aufgebaut werden soll, womit ein Akku in wenigen Minuten nahezu vollständig geladen werden könnte. Was für E-Lkw und noch größere E-Nutzfahrzeuge durchaus sinnvoll sein kann, wird im Pkw-Bereich aber eigentlich gar nicht wirklich gebraucht. Zu diesem Schluss kommt eine Betrachtung der Automobilwoche.
Hintergrund ist, dass das technisch Machbare in der Realität häufig an seine Grenzen stößt. Zum einen gibt es bislang kaum Elektroautos, die solch hohe Ladeleistungen überhaupt aufnehmen können, was sich aber freilich in den kommenden Jahren noch ändern kann. Häufiger limitierend ist die vor Ort überhaupt verfügbare Stromkapazität. Die wäre vielerorts mit einem 1000-kW-Ladeanschluss schon ausgelastet oder gar überreizt. Ein Ausbau ist zwar theoretisch möglich, aber wäre dann meist unverhältnismäßig kostspielig.
Peak weniger entscheidend als Ausdauer
“Jedes Kilowatt mehr bei der Leistung verteuere die Ladesäule überproportional. Da man dies nicht 1:1 auf den Strompreis für den Kunden umlegen könne, verringere sich die Wirtschaftlichkeit”, schreibt die Automobilwoche, die sich mit Marco Masur, Produktmanager bei EnBW mobility+, über die Thematik unterhalten hat. Beim deutschen Marktführer verfolge man sehr genau, was die Konkurrenz in China so treibt. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass solch hohe Ladeströme die Batterie stark belasten können und diese folglich schneller altert. Und nicht zuletzt sei für die Dauer eines Ladevorgangs nicht der Peak der Ladeleistung ausschlaggebend, sondern eine möglichst lange hohe Ladeleistung im Schnitt. Megawatt-Laden ist oft nur für wenige Sekunden bis maximal wenige Minuten möglich.
Trotzdem gibt es einen Grund, weshalb nicht nur bei EnBW, sondern auch anderen Betreibern von Ladestationen in Deutschland, zunehmend auf Geräte mit höheren Ladeleistungen zurückgegriffen wird. Denn in der Regel hat eine Ladestation zwei Ladepunkte. Laden hier zwei E-Autos gleichzeitig, muss sich die Ladeleistung geteilt werden. Die lange üblichen 150-kW-Ladestationen werden da heute schon schnell lästig, wenn ein E-Auto eigentlich 200 kW oder mehr schafft, am Ende aber nur 75 kW zur Verfügung stehen, weil nebenan jemand anderes ebenfalls grade Strom benötigt.
Nicht jede Ladestation muss alles können
Deshalb sei es durchaus sinnvoll, auch leistungsstärkere Ladestationen bereitzustellen. EnBW entscheidet sich dabei bei den meisten Ladeparks für eine Mischung aus leistungsstärkeren und -schwächeren Ladestationen. “Grundsätzlich ist es nicht notwendig, an jedem Ladepunkt die maximale Leistung zur Verfügung zu stellen, da bisher nur wenige Modelle diese auch abrufen können”, sagt Masur dazu. Bei der Planung werde stets berücksichtigt, welche Szenarien angesichts der aktuell im Einsatz befindlichen Elektrofahrzeuge realistisch sind. Und spätestens alle zehn Jahre werden die Ladestationen sowieso ausgetauscht und dann gegebenenfalls an den Bedarf angepasst.
Ehrgeiziger geht es da derzeit Ionity an, die großflächig Ladestationen mit 600 kW Ladeleistung ausrollen wollen. Doch ein Austausch von bisherigen Ladestationen ist am Ende auch nur dort sinnvoll, wo entweder ausreichend viel Stromkapazität zur Verfügung steht oder sich eine Erweiterung des Netzanschlusses wirtschaftlich tatsächlich lohnt. Alternativ ließe sich auch Strom in Batteriespeichern zwischenspeichern, um ihn bei Bedarf abzugeben – so plant es auch BYD. Oder die 600-kW-Ladestationen geben eben doch entsprechend weniger Strom ab. Bislang würde das ja noch kein Elektroautofahrer mitbekommen, denn mehr als 400 kW Ladeleistung sind derzeit normal sterblich nicht zu erhalten.
Quelle: Automobilwoche – Warum Megawatt-Laden für Pkw aktuell kaum sinnvoll ist