BMW Neue Klasse: Ja zu E-Autos – aber eben nicht nur

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Wolfgang Plank

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  —  Lesedauer 4 min

Das tägliche Business in Sachen Autobau mag hart sein, aktuell vielleicht sogar besonders hart. Also schwelgen deutsche Hersteller gerne mal in Erinnerungen und beschwören die meist glanzvolle Markenhistorie. Frühere Zeiten waren zwar alt, aber eben auch noch gut – und die Wagen mindestens wunderbar. Soll das alles wirklich und für immer vorbei sein?

So müssen wohl die PR-Strategen von BMW gedacht haben, als sie sich entschlossen haben, für die Fahrt durch die Transformation die „Neue Klasse“ als Baureihe auszurufen. Jene Modelle aus den beginnenden 1960er-Jahren, die den späteren weißblauen Ruhm begründeten, weil sie eine Mittelklasse schufen, die es im seinerzeitigen Portfolio zwischen Einzylinder-Isetta und V8-Barockengel schlicht nicht gab.

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Nun steht BMW heutzutage nicht vor dem Konkurs wie damals eben schon; aber irgendeine Art von Aufbruch muss ja sein, wo die halbe Welt verspricht, sehr bald sehr elektrisch unterwegs sein zu wollen, und sogar im Reich der Mitte Produzenten der spannungsreichen Fortbewegung wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden schießen. Selbst die BMW-Submarke Mini bekennt sich zur E-Mobilität und bietet ihre neuesten Modelle ausschließlich mit Akku an.

Es hätte also gut passen können – das mit der Neuen Klasse und der Zukunft, der man damit laut Ankündigung aus München „zwei Schritte voraus“ sein möchte und so „die Mobilität für das nächste Jahrzehnt schon ab 2025 auf die Straße“ bringen will. Sogar von einer „ganz neuen Ära“ war die Rede. Wenn da nicht Oliver Zipse gewesen wäre.

Der oberste Boss höchstselbst beschwor nur einen Tag vor der Präsentation noch einmal wortgewaltig den Fortbestand des Verbrenners. Tenor: Wer einseitig auf den Akku-Antrieb setze, mache sich wegen der dafür unverzichtbaren Rohstoffe wirtschaftlich abhängig und politisch erpressbar. Dass dies spätestens seit der ersten Krise 1973 beim Öl kein bisschen anders ist, behielt Zipse für sich.

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So hat man nicht unbedingt den Eindruck, mit der „Neuen Klasse“ stünde da nun die künftige Philosophie von BMW auf dem Drehteller. Was im Grunde schade wäre. Nach all dem Protz und den Nierenschäden der jüngeren Vergangenheit zeigt sich da ein fast schon zeitlos elegantes Gefährt, dessen ansprechende und schick interpretierte Haifisch-Front das Design der 1960er prägnant und doch unaufdringlich übersetzt. Verknüpft mit der Grundgedanken, man solle auch künftig die Hände am Steuer haben und die Augen auf der Straße.

Immerhin: Die Front mit der nahezu nahtlos in die Lichtgrafik fließenden Niere dürfte es weitgehend in die Serie schaffen, bei Heckpartie und Innenraum scheint das Risiko einer Überarbeitung deutlich größer. Kollateralnutzen der klassisch schlichten Formgebung: Sie spart enorme Kosten bei der Produktion. Gesetzt sein dürfte eine 800-Volt-Architektur, ansonsten darf man über Details zu Akkus und Antrieben rätseln. Am Ende sollen allerdings 30 Prozent mehr Reichweite als heute üblich stehen – und 30 Prozent kürzere Ladezeiten.

Gesicherter ist da schon, dass sich BMW das Ganze einen wohl zweistelligen Milliardenbetrag kosten lässt. Das größte Investment in der Firmengeschichte, heißt es. Im Jahr 2025 soll das erste von sechs Modellen im Format des heutigen X3 im neuen ungarischen Werk Debrecen vom Band rollen, wenig später eine Limousine im Werk München.

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Viele Entwicklungen der Neuen Klasse sollen indes auch konventionellen Modellen zugute kommen. Das gilt vorrangig für die immer komplexer werdende Elektronik, aber eben auch für das System „Panoramic Vision“ – eine Art Head-up-Display, dessen Projektion sich über die komplette Windschutzscheibe ziehen soll.

Womöglich denkt Zipse in seiner demonstrativen Technologieoffenheit aber auch noch in eine ganz andere Richtung. Im Batteriefach der Neuen Klasse, so war zu hören, ließen sich problemlos auch Drucktanks für Wasserstoff unterbringen. Keine zwei so gewaltig wie bei der Kleinserie iX5 Hydrogen, dafür aber mehrere mit geringerem Querschnitt und nur unwesentlich höherem Gesamtgewicht. Da wäre es dann auch egal, wenn es 2035 wie vom BMW-Chef prognostiziert, keine flächendeckende Infrastruktur für E-Autos geben wird.

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.
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Matthias Geiger:

Zweigleisige Strategie wie in der Politik wird sich ein deutscher Hersteller nicht leisten können. Wasserstoff, E-Fuels im PKW Bereich sind “Technologie offene” Träumereien um tatsächlich am Bestehenden festzuhalten. Dies ist pure Verzweiflung.

titan:

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen … wer H2 Visionen für Automobile hat, braucht einen wissenschaftlichen Beirat! … und viel zu groß ist das Ding ohnehin! Vielleicht schafft es BMW endlich mal einen brauchbaren Tempomaten und Scheibenwische zu bauen, der in meinem i3 ist bei Gegenlicht, Regen oder Schnee zu nichts zu gebrauchen!

Birger:

Ach Mensch, was für Vorurteile mir gegenüber! Nein guck bitte mal was ein CNG Fahrzeug ist und dann mal was Bio CNG ist. Ich fahre einen, Golf 7 TGI 1,4 l mit 110 Ps und Anhängerkupplung und einen Seat Leon ST TGI 1,5 l mit 130 PS. Nichts V8, ich möchte unseren Planeten schonen und deswegen fahre ich dies Fahrzeuge. Als ich den Golf 7 mir gekauft hatte, hätte ich auch noch eine E B Klasse mit 150 Kilometer Reichweite haben können! Dann habe ich mich natürlich für den Golf entschieden der früher noch mit fossilen Erdgas betankt wurde. Dies ist nun aber in ganz Deutschland so gut wie Geschichte und man kann fast nur noch klimaneutrales Bio CNG aus Rest und Abfallstoffen tanken. Letztes Jahr sind wir mit dem Golf in 11 Tagen über 6000 Kilometer zum Polarkreis gefahren, bis zum oberen Mittelschweden konnte ich Bio CNG tanken, dann allerdings musste ich, weil es weiter oben wenig bis keine CNG Tankstelle gibt auf Benzin umsteigen. In den 11 Tagen sind wir 6000 Kilometer gefahren und 5600 Kilometer davon Klimaneutral mit Bio CNG aus Rest und Abfallstoffen! Keine Lebensmittel, wie Mais oder Getreide! Übrigens, wird dies in Deutschland auch streng kontrolliert. Ich begrüße auch die Entscheidung der Regierung, dass das demnächst verboten ist, Lebensmittel zur Herstellung von Kraftstoffen herzustellen.

Marc:

Verbrennerverbot gibt es keines, hatte der Birger gar nicht mitbekommen. Es gibt die Clean Vehicle Directive, die sehr in die Planung der öffentlichen Fuhrparkplaner eingegriffen hat und es gibt viele Großstädte, die jetzt schon oder später für Verbrenner dicht machen werden.

Vor allem fürchtet man Gerichtsurteile. Denn alle Landschaften, die man belastet oder geschützt sind, dürfen in der Abwägung Mobilität gegen Umwelt mit PKW nur befahren werden, weil es noch nicht Lebenswirklichkeit war, ein lokal emissionsfreies Auto zu besitzen. Wenn da die Küsten und Gebirge, die Kurorte und Bäder erste Urteile bekommen, geht alles sehr schnell. Dann kannst du mit deinem V8 nur noch in Hoyerswerda fahren.

Es wird also gar kein Verbrennerverbot notwendig sein.

Marc:

Bei den stiftungsgeführten Unternehmen, ja. Bei BMW, nein.

Birger:

Dann liegt Ihr mit eueren E Autos und ich mit meinen CNG Verbrenner Antrieben getankt mit 100% Rest und Abfallstoffen doch nicht so verkehrt :)! Zusammen können wir Zukunft und tun was gegen die fossilen Brennstoffe. Wir sind in der Zukunft schon angekommen.

Philipp:

Es kann gerne irgendwas entwickelt werden, die Fahrzeuge müssen nur 100% CO2-frei betrieben werden. Das erzwingt das Klima und entsprechende internationale Verträge, nicht nur EU.
Die Ursache sind also die CO2-Emissionen und nicht ein Verbrennerverbot, was nur das Symptom ist.

Birger:

Tja Silverbeard, daran glauben wir beide nicht. Aber zumindest versuchen kann man es. Wer weiß was bis dahin noch passiert und was bis dahin entwickelt wurde?! mir persönlich ist die ganze Mobilität zu viel Zeitverschwendung. In Kiel die Augen zu machen und zwei mal in die Hände klatschen und wieder Augen auf machen und dann ist man am gewünschten Ort, nach dem Motto von der bezaubernden Jeannie, dann würden wir viel Zeit, Geld und Ärger uns ersparen :-)!

Silverbeard:

Es gibt doch kein Verbrennerverbot, die Neuzulassungen müssen ab 2035 nur zu 100% mit E-Fuels betrieben werden… XD

Gerhard Strobe:

So wird es laufen. Ja.

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