Wie Autohersteller die strengeren CO2-Ziele für 2025 erreichen können

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Citroën

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Im Jahr 2025 wird die EU die CO2-Ziele für Automobilhersteller deutlich verschärfen: Bei Personenkraftwagen müssen die durchschnittlichen Emissionen der verkauften Neufahrzeuge von 116 g/km im Jahr 2024 auf unter 93,6 g/km sinken – eine Verringerung um 19 Prozent. Eine noch deutlichere Verschärfung steht im Jahr 2030 an. Dann darf die Neuwagenflotte im Schnitt nur noch 50 g/km CO2 ausstoßen.

Die Überschreitung von CO2-Grenzwerten wird mit empfindlich hohen Geldstrafen sanktioniert. Diese werden berechnet als 95 Euro multipliziert mit der CO2-Überschreitung in g/km und dem Zulassungsvolumen. Für große Autohersteller kann dies zu Strafen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro führen, einem Volumenhersteller wie Volkswagen droht gar eine Strafe im Milliarden-Euro-Bereich.

Ein Blick auf die Zahlen für 2023 zeigt, wie groß die Herausforderungen für manche Hersteller werden, so Dataforce in einer aktuellen Auswertung. Trotz ehrgeiziger Ziele waren die Fortschritte in diesem Jahr minimal. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 waren die Emissionen höher als im Gesamtjahr 2023. Elektroautos und Plug-in-Hybride bieten das größte Reduktionspotenzial, stagnieren aktuell aber bei den Zulassungszahlen.

Von Januar bis Juni 2024 wuchs der europäische Pkw-Markt (EU-27 + Island + Norwegen) um fast 243.000 Neuzulassungen (+4,3 Prozent), während die Zulassungen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden um 9000 Einheiten zurückgingen. Zwar legten reine E-Autos um 6000 Einheiten zu, es wurden jedoch etwa 14.000 Plug-in-Hybride weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum.

EU-Europa-Neuzulassungen-Antriebsart
Dataforce

Mehr als die Hälfte des Zuwachses entfiel mit 130.000 Einheiten auf Vollhybride, die zwar sparsamer im Verbrauch sind, aber immer noch Emissionen aufweisen, die über dem Durchschnitt für Pkw liegen. Im ersten Halbjahr 2024 machen E-Autos einen Anteil von 13 Prozent aus, bei Plug-in-Hybriden sind es 7 Prozent.

Wer hat die Nase vorn und wer hinkt hinterher?

Gehen wir von der allgemeinen Entwicklung weg und betrachten nun die verschiedenen Autohersteller und Konzerne. Sie haben bereits beträchtliche Anstrengungen unternommen, um die aktuellen Ziele zu erfüllen, und waren dabei recht erfolgreich. Im Jahr 2023 haben alle großen Hersteller ihre durchschnittlichen Emissionen unter ihre individuellen, gewichtsbereinigten Ziele gesenkt. Auch für 2024 sind die Ziele in Reichweite. Sieben der zehn größten Konzerne liegen bereits unter ihren Zielen. Die VW-Gruppe, Renault-Nissan-Mitsubishi und Ford liegen leicht darüber, sollten aber in der Lage sein, die noch erforderlichen 1-2 g/km Reduktion in der zweiten Jahreshälfte zu erreichen.

Für 2025 mit den dann deutlich schärferen CO2-Grenzwerten stellt sich die Situation jedoch völlig anders dar. Von allen Herstellern mit Verbrennungsmotoren in ihrer Modellpalette liegen nur Geely (Volvo, Polestar, etc.) und die SAIC Group (MG) unter dem Schwellenwert von 93,6 g/km. Nach ihnen müssen Toyota (105 g/km) und BMW (106 g/km) vergleichsweise mäßig reduziert, aber alle anderen werden erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen.

Autohersteller-CO2-Emissionen
Dataforce

Dies gilt insbesondere für den Volkswagen-Konzern und Ford. Angesichts ihrer überdurchschnittlich schweren Autos wurden ihre individuellen Ziele für 2024 auf 121 bzw. 124 g/km angehoben, was einen gewissen Spielraum bietet. Diese Gewichtsanpassung entfällt jedoch im Jahr 2025, da der Gewichtsfaktor in der Gleichung negativ wird.

So viele Elektroautos werden 2025 gebraucht

Um die durchschnittlichen CO2-Emissionen im kommenden Jahr zu senken, wird jeder Hersteller seine individuellen Strategien verfolgen, die jedoch zwingend immer eine stärkere Elektrifizierung der Autos beinhalten müssen. Ausgehend von den aktuellen kraftstofftypspezifischen Emissionen benötigt ein Hersteller ohne Vollhybride in seinem Portfolio einen Anteil von 37 Prozent an Elektroautos und Plug-in-Hybriden in seinem Verkaufsmix.

Anteil-E-Auto-Plug-in-Hybrid-CO2-Ziel
Dataforce

Mit Vollhybriden wird die Aufgabe scheinbar etwas einfacher. In einem Szenario mit einem Vollhybrid-Anteil von 55 Prozent reduziert sich der notwendige E-Auto-/Plug-in-Hybrid-Anteil auf 23 Prozent. Allerdings verkaufen Hersteller mit einem starken Fokus auf Hybridautos in der Regel weniger Elektroautos. Abgesehen davon erlaubt es die EU-Verordnung, E-Auto-Zulassungen höher zu gewichten, wenn die Autos in Märkten mit vergleichsweise geringem Elektrifizierungsanteil verkauft werden.

CO2-Pooling: Eine strategische Absicherung

Eine weitere Option zur Einhaltung der CO2-Vorschriften ist das CO2-Pooling. In den vergangenen zwei Jahren gab es keinen großen Bedarf für Pooling, aber 2021 schloss sich die ehemalige FCA-Gruppe (Aufgegangen im 14-Marken-Konzern Stellantis) mit Tesla und Honda zusammen, um ihren CO2-Durchschnitt zu senken. Dataforce erwartet eine Wiederbelebung des Instruments im Jahr 2025, in dem Hersteller von reinen Elektroautos Emissionszertifikate an andere Konzerne verkaufen können.

Darüber hinaus werden CO2-Ziele ein wichtiger Bestandteil der Jahresziele sein, ebenso wie Verkaufsziele. Durch die monatliche Überwachung der Emissionen können Autohersteller die Märkte oder Segmente mit den größten positiven oder negativen Auswirkungen identifizieren und so die Verkaufsstrategie in Richtung CO2-Konformität lenken, so dass genügend Zeit zum Reagieren bleibt.

Strategien und Herausforderungen beim Schnellen Hochlauf der E-Mobilität

Aus heutiger Sicht scheint ein so hoher Elektrifizierungsanteil für manchen vielleicht unerreichbar. Die Elektrifizierung ist jedoch kein linearer Prozess, sondern erfolgt schrittweise. In der Vergangenheit war der Sprung von 2019 auf 2020 erstaunlich groß. Der aktuelle, leichte Rückschlag in Europa um einen Anteil von 0,5 Prozent wird maßgeblich auch durch das abrupte Auslaufen der Elektroauto-Förderung in Deutschland beeinflusst, dem mengenmäßig größten E-Auto-Markt in Europa.

Anteil-E-Autos-Europa
Dataforce

Gleichwohl ist die Situation jetzt anders, da es schwieriger geworden ist, zusätzliche Kunden davon zu überzeugen, sich für Elektroautos anstelle von Verbrennern zu entscheiden. Das geht nur mit einer Veränderung der Preisstruktur. Der derzeitige Rückgang der Lithium- und Batteriepreise ermöglicht einige Preissenkungen in der Lieferkette, aber die Hersteller müssen auch an anderer Stelle die Kosten senken, um rentabel zu bleiben.

Die Steigerung der Produktion und der Ersatz von teuren NMC-Batterien durch LFP-Batterien können alternative Optionen sein. Die Hersteller werden wahrscheinlich Rabattaktionen für Verbrenner-Fahrzeuge einstellen und sich auf attraktivere Angebote für E-Autos konzentrieren, um Strafzahlungen zu vermeiden. Nicht zuletzt werden kleinere und erschwinglichere Modelle dazu beitragen, den Übergang zum Massenmarkt zu schaffen.

Quelle: Dataforce – Pressemitteilung vom 21.08.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Wolfgang Wenzel:

Immerhin haben die OEM es insofern noch leichter, als dass die CO2-Emissions Berechnung für Plug-In-Hybride noch nicht der Wirklichkeit angepasst wurde. Die Berechnungen beziehen sich über die sogenannte Utility-Kurven, die rein von der elektrischen Reichweite (im WLTP) abhängen und auf Basis der jetzigen Berechnung die rechnerischen CO2 Emissionen für PHEVs sehr niedrig ansetzt. Da viele PHEVs aber selten aufgeladen werden, sind die tatsächlichen (Tank-2 Wheel) Emissionen deutlich höher als die berechneten.

Pedro G.:

Jeder Hersteller kann rechnen ! ?
E-Autos günstiger machen ? !
Strafzahlungen dadurch verhindern ? !
Indirekte Stattsförderung Ust auf E-Autos senken ! ! ! ?

E. Wolf:

Alles viel zu komplex !

Anrufen oder anrufen lassen bei:
– Friedrich Merz (CDU
– Hildegard Müller (VDA)
– Ursula von der Leyen (CDU, EU)

wird das Motto sein, hat in der Vergangenheit immer funktioniert.

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