Technik: So unterscheiden sich E-Motoren der Hersteller

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Mercedes

Patrick Solberg
Patrick Solberg
  —  Lesedauer 5 min

Elektromotor ist längst nicht Elektromotor. Wie beim Verbrenner gibt es auch bei den E-Maschinen deutliche Unterschiede zwischen den Autoherstellern. Das macht sich nicht allein bei der Effizienz, sondern auch direkt beim Antrieb bemerkbar. Wir haben die Unterschiede aufgearbeitet und erläutern, wo Unterschiede vorhanden sind und warum.

Audi setzt auf Kombi aus ASM und PSM-Motoren

Bestes Beispiel ist der neue Audi Q6. Der 4,77 Meter lange Elektro-SUV hat an der Hinterachse eine sogenannte „permanentmagneterregte Synchronmaschine (PSM)“ verbaut, während an der Vorderachse eine „Asynchronmaschine“ (ASM) für Vortrieb sorgt. Der Asynchronmotor ist ein Elektroantrieb, bei dem das Drehfeld des Rotors dem des sogenannten Stators folgt. Durch Rotation entsteht eine Wechselwirkung zwischen beiden Drehfeldern und es entsteht ein Drehmoment, dass zum Antrieb genutzt werden kann. Im Gegensatz dazu bringt der Läufer bei einer permanentmagneterregten Synchronmaschine die Magnete in Erregung und sorgt so für die elektrische Antriebsenergie.

„Bei der PPE sind allein 15 automatische Biegeautomaten für die dreidimensionale Hairpin-Wicklung und das anschließende Laserschweißen der Enden in zwei weiteren Anlagen im Einsatz. Pro Stator werden 140 Meter Kupferdraht verarbeitet. 235 Laserschweißvorgänge sind nötig“, erläutert Csaba Imre Benke, bei Audi Leiter Produktsegment E-Antriebe im Werk Győr, „da es grundsätzlich bei E-Antrieben im Vergleich zu Verbrennern weniger Verschraubungen gibt, aber mehr Pressumfänge, lassen sich mehr Roboter einsetzen.“

Viele der Elektroautos sind Allradmodelle oder zumindest mit einer Allradoption zu bekommen. Fahrdynamisch ist es deutlich sinnvoller, dass der hintere Elektromotor die Hauptarbeit des Vortriebs übernimmt. So ist es gerade bei leistungsstärkeren Modellen wie eben auch dem neuen Audi Q6. Der Elektromotor an der Hinterachse erledigt für den Antrieb die Hauptarbeit und leistet einen Großteil der Systemleistung des normalen Audi Q6 mit seinen 285 kW / 387 PS.

Trotzdem ist er bei einem Durchmesser von 21 Zentimetern gerade einmal 20 Zentimeter lang. Der vordere Asynchronmotor mit etwas geringerer Leistung ist nur zehn Zentimeter lang. Die große Stärke des achsparallel eingebauten PSM-Motors ist die Effizienz – sein Wirkungsgrad liegt in den allermeisten Fahrsituationen deutlich über 90 Prozent. Ein weiterer Vorteil: wird hier – abhängig von Fahrprogramm oder dem Gaspedaldrang des Fahrers – keine Leistung benötigt, dreht der Elektromotor an der Vorderachse ohne nennenswerte Schleppverluste nebst entsprechender Reibung mit.

Insgesamt generieren die Effizienzmaßnahmen rund um die neuen Maschinen für Modelle wie den Audi Q6 oder den technisch eng verwandten Porsche Macan auf der neu entwickelten PPE-Plattform im Vergleich zur Vorgängergeneration an Elektromotoren rund 40 Kilometer mehr Reichweite. Gleichzeitig benötigen sie 30 Prozent weniger Bauraum als etwa des Audi Q8 E-tron, während das Gewicht um ein Fünftel reduziert werden konnte.

Die beiden vergleichsweise kleinen Elektromodule beschleunigen den Audi Q6 aus dem Stand in unter sechs Sekunden auf Tempo 100. Noch sportlicher geht es im Audi S Q6 E-tron, dessen Axial- und Synchronmotor gemeinsam 360 kW / 490 PS leisten und ihn auf Wunsch 230 km/h schnell machen. Noch besser beschleunigt der SUV mit entsprechendem Boost. Hier können kurzzeitig 380 kW / 517 PS abgerufen werden. Während der Aktivierung der Launch Control kommt an der Vorderachse die Asynchronmaschine zum Einsatz, die mit eigener Leistungselektronik und einem achsparallelen, zweistufigen Einganggetriebe ausgestattet ist. In diesem Elektromotor sind keine Magnete und daher keine seltenen Erden enthalten, da das nötige Magnetfeld allein durch Induktion erzeugt wird.

An der Hinterachse verfügen viele Elektroautos wie Audi Q6 oder Porsche Macan über eine permanentmagneterregte Synchronmaschine, die ebenfalls an ein zweistufiges Einganggetriebe in achsparalleler Bauweise gekoppelt ist. Das 800-Volt-Bordnetz sorgt dank einer hohen Ladeleistung für kurze Ladezeiten. Durch die höhere elektrische Spannung lassen sich zudem bei der Verkabelung von 100-kWh-Akkupaket und E-Maschine dünnere Leitungen verbauen, was Bauraum, Gewicht und Rohstoffe spart.

Mercedes: Zwei PSM als die bessere Wahl?

Etwas anders sieht der Aufbau beim aktuell stärksten Elektromodell aus dem Hause Mercedes aus. Der 5,13 Meter lange EQS 680 SUV ist an Vorder- und Hinterachse mit zwei permanenterregten Synchronmaschinen ausgestattet, die zusammen 484 kW / 658 PS und 950 Nm leisten. Und auch beim Mercedes AMG E53 4matic, einem leistungsstarken Plug-in-Hybriden arbeitet nicht nur ein 3-Liter-Sechszylinder-Reihenmotor, sondern auch eine permanenterregte E-Synchronmaschine mit 120 Kilowatt, was für eine Systemleistung von bis zu 430 kW (585 PS) und 750 Nm Drehmoment sorgt. Die beiden Antriebe sorgen für 0 auf Tempo 100 in 3,8 Sekunden, eine Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h und ein elektrisches Maximaltempo von 140 km/h.

Der Elektromotor ist beim Plug-in-Hybrid AMG E53 so klein, dass er sogar im Gehäuse der Neungangautomatik verbaut werden kann. Die hohe Leistungsdichte des Hybridtriebkopfs wird durch die permanenterregte Innenläufer-Synchrontechnologie erreicht. Das maximale Drehmoment des Elektromoduls von 480 Nm steht ab der ersten Umdrehung bereit.

BMW beschreitet eigene Wege beim E-Motor

Der elektrische Topmodell von BMW, der i7 M70 xDrive, verfügt über integrierte Antriebseinheiten an der Vorder- und an der Hinterachse, bei denen Elektromotor, Leistungselektronik und Getriebe kompakt in einem gemeinsamen Gehäuse zusammengeführt sind. Die beiden Motoren arbeiten nach dem Prinzip einer stromerregten Synchronmaschine. Dank dieser Konstruktionsweise kann bei der Herstellung des Rotors vollständig auf die für magnetische Komponenten erforderlichen Rohstoffe aus dem Bereich der Metalle der seltenen Erden verzichtet werden.

Die Antriebseinheit an der Hinterachse des BMW i7 wird sechsphasig betrieben und verfügt über einen Doppelinverter. Dadurch lässt sich eine besonders signifikant gesteigerte Spitzenleistung erzielen, die bis in hohe Geschwindigkeitsbereiche zur Verfügung steht. Mit einer Leistungsdichte von 2,41 kW/kg wird der Wert des Motors, der die Hinterachse des BMW i7 xDrive60 antreibt, um 25,5 Prozent übertroffen.

VW setzt auf besonders effizienten E-Antrieb

Volkswagen ist besonders stolz auf den Antrieb des ID7. Dessen besonders effizienter Antrieb besteht aus einer dreiphasige Permanentmagnet-Synchronmaschine mit 210 kW (286 PS) 545 Nm, einem zweistufigen Eingang-Getriebe und dem nötigen Pulswechselrichter für Leistungs- und Steuerelektronik. In der Synchronmaschine arbeitet ein Rotor mit stärkeren und thermisch besonders belastbaren Permanentmagneten, ein Stator mit großer Windungszahl bei maximalem Drahtquerschnitt, ein Wasserkühlmantel für die Statoraußenseite sowie eine kombinierte Öl- und Wasserkühlung für eine höhere thermische Stabilität.

Die Allradversion des VW ID7 GTX Tourer verfügt, wie die anderen ID-Modelle, an der Vorderachse über eine Asychronmaschine, die rund 60 Kilogramm wiegt. Der PSM-Elektromotor an der Hinterachse wiegt knapp 100 Kilogramm. Die Systemleistung: 250 kW / 340 PS.

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titan:

TECHNIK oder MARKETING?

titan:

ja da hätte man mehr daraus machen können! Auch was die Vor und Nachteile der verschiedenen Bauweisen anbelangt … da bietet Wiki mehr https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromotor

Andreas:

Was macht die Effizienz von Tesla aus ? Warum sind sie immer noch am sparsamsten? Warum wird hier nicht über die Antriebe von Tesla berichtet? Aus gutem Grund…

Manfred:

Danke für die Erläuterungen. Sie entsprechen am ehesten dem, was ich bislang glaubte verstanden zu haben. Der Artikel hat mich eher verunsichert. Was mir fehlte ist auch das Prinzip des Reluktanzmotors und wo dieser zum Einsatz kommt.

Helmut L.:

“Im Gegensatz dazu bringt der Läufer bei einer permanentmagneterregten Synchronmaschine die Magnete in Erregung und sorgt so für die elektrische Antriebsenergie.”
Das ist nicht gut erklärt – sogar Quatsch (aus meiner Sicht als E-Ingenieur).
Bei der permanent erregten Synchronmaschine (PSM) erzeugen die Spulen im Stator ein magnetisches Drehfeld, in das die Permanentmagnete des Rotors einrasten, wodurch der Rotor synchron zum rotierenden Stator-Magnetfeld mitgeschleppt wird.
Die fremderregte Synchronmaschine (FSM) hat im Rotor keine Dauermagnete, sondern Ekektromagnete (Spulen, BMW-Konzept).
Bei der Asynchronmaschine (ASM) hat der Rotor leitende Stäbe, die elektrisch kurzgeschlossen sind. Das rotierende Stator-Magnetfeld induziert in den Leitern des Rotors eine Spannung und folgend einen Kurzschlussstrom in den Leitern, der im Rotor ein Magnetfeld hervorbringt (Prinzip eines Transformators!). Dazu muss der Rotor etwas langsamer drehen als das Stator-Magnetfeld. Die Drehzahldifferenz ist hierbei lastabhängig, was eine genaue Drehzahsteuerung schwieriger macht.
Der Wirkungsgrad der ASM ist schlechter als der von Synchronmaschinen.
Allrad:
Wenn die vordere PSM abgeschaltet wird, dann rasten die Dauermagneten durch magnetische Wechselwirkung in die Magnetfelder der Statorpolschuhe ein, was einen Bremseffekt hat: Schlechter Gesamtwirkungsgrad.
Bei der fremderregten Synchronmaschine (bei BMW) ist das nicht der Fall, dito bei der ASM (VW, Audi).
Wie machen das Hyunday und KIA?
Die verwenden vorne und hinten PSMs mit hohem Wirkungsgrad, haben aber im vorderen Motor eine elektromechanische Kupplung verbaut, die den Motor im Nicht-Allrad-Betrieb mechanisch trennt und somit Schleppverluste verhindert. Technisch sehr einfach und hoch wirksam.

Dr.Georg Ramsauer:

Technik sehr gut erklärt!

2627777:

Wer macht was jetzt besser???

Planloser:

Was ist mit Hyundai/Kia BYD Toyota Ford und Tesla?

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